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NSA hörte schon Kanzler Schröder ab

5. Februar 2014

Der US-Geheimdienst hat nicht nur Kanzlerin Merkel, sondern wohl ab 2002 auch ihren Vorgänger Schröder ins Visier genommen. Das belegen Recherchen des NDR und der SZ. Der Grund: Seine Kritik am geplanten Irak-Krieg.

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George W. Bush und Gerhard Schröder 2005 (Foto: dpa)
Bild: AP

In deutschen Regierungskreisen wird bereits seit längerem vermutet, dass die amerikanische National Security Agency (NSA) nicht erst Kanzlerin Angela Merkel überwacht, sondern schon die frühere rot-grüne Bundesregierung ausgespäht hatte. Nach Recherchen des Norddeutschen Rundfunks (NDR) und der Süddeutschen Zeitung (SZ) erhielt die NSA spätestens 2002 den Auftrag, das Handy des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder abzuhören.

Anlass war das Nein des deutschen Regierungschefs zu einem Irak-Krieg, den die US-Regierung unter Präsident George W. Bush (Im Artikelbild (l.) mit Schröder) plante und 2003 begann. Außerdem habe es Sorge vor einem Bruch der NATO gegeben, schreibt die SZ. Das Blatt beruft sich auf US-Regierungskreise und NSA-Insider. "Wir hatten Grund zu der Annahme, dass (Schröder) nicht zum Erfolg der Allianz beitrug", sagte laut SZ eine Person mit direkter Kenntnis der Angelegenheit.

Schröder ist Nummer 388

Wie NDR und SZ weiter berichten, nahm der Geheimdienst Schröder unter der Nummer 388 in eine Liste auf, in der überwachte Personen und Institutionen geführt wurden. Der Altkanzler erklärte dazu, er habe sich vor Bekanntwerden der NSA-Affäre das massenhafte Ausspähen nicht vorstellen können. "Damals wäre ich nicht auf die Idee gekommen, von amerikanischen Diensten abgehört zu werden. Jetzt überrascht mich das nicht mehr."

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele, der vor einiger Zeit den Ex-Geheimdienstmann Edward Snowden in Moskau getroffen hatte, bestätigte die Lauschangriffe: "Nach meinen Informationen ist es tatsächlich so gewesen, dass 2002/2003 Bundeskanzler Schröder und vermutlich auch andere aus der damaligen rot-grünen Regierung abgehört worden sind." Nach seinen Recherche-Erkenntnissen sei auch der damalige Außenminister Joschka Fischer Zielperson der Spähaktivitäten des US-Geheimdienstes gewesen. Der Grünen-Minister sei wegen seiner Position zum Irak-Krieg ins Visier der Geheimdienstler geraten, so Ströbele.

Luftaufnahme der US-Botschaft in Berlin (Foto: rtr)
Von der US-Botschaft in Berlin aus startete die NSA ihre ÜberwachungspraktikenBild: Reuters

Snowden-Dokument untermauert Verdacht

Die Aussagen werden laut Medienberichten auch durch ein Dokument aus dem Bestand Snowdens gestützt. Das Papier, wohl aus jüngerer Zeit, nenne das Jahr 2002 als Beginn der Lauschaktion - und den Namen von Kanzlerin Merkel. Bislang war dies so interpretiert worden, dass ein Handy der Kanzlerin vor zwölf Jahren erstmals ausgespäht wurde. Damals war Merkel nur CDU-Vorsitzende.

NSA-Insider, denen eine Abschrift des Snowden-Dokuments vorgelegt wurde, lieferten eine neue Deutung des Papiers: Der Auftrag des Abhörprogramms habe nicht der Person, sondern der Funktion gegolten. Das Dokument zeige lediglich, dass seit 2002 der jeweilige Kanzler abgehört worden sei. Auf der Liste sei jeweils der aktuelle Name des Kanzlers oder der Kanzlerin notiert worden. Demnach wurde Merkel vermutlich ab 2005 abgehört, als Nachfolgerin Schröders.

Der Auftrag für die NSA - und dies galt anscheinend sowohl für Schröder als auch für Merkel - soll nicht nur die Erfassung der Verbindungsdaten, sondern auch des geschriebenen und gesprochenen Wortes vorgesehen haben. Die NSA wollte sich auf Anfrage zu dem Vorgang nicht äußern.

US-Präsident Barack Obama hatte im Januar versichert, dass Merkel während seiner Amtszeit nicht mehr abgehört werde.

se/wa (NDR, SZ, dpa, rtr, afp)