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"Schwulen-Lobby" im Vatikan

12. Juni 2013

Papst Franziskus hat die Existenz korrupter Strukturen und homosexueller Seilschaften in der vatikanischen Kurie eingeräumt. Er äußerte sich in einer Privataudienz. Vatikan-Sprecher Lombardi lehnte einen Kommentar ab.

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Papst Franziskus im Vatikan (Foto: rtr)
Bild: Reuters

Spekulationen und Gerüchte über mächtige Seilschaften auf der Grundlage sexueller Abhängigkeiten in der Kurie gibt es schon länger. Gemutmaßt wurde in italienischen Medien auch darüber, dass Papst Bendikt XVI. sich letztlich wegen möglicher Informationen über Schwulen-Sex, Korruption und Bestechung im Vatikan zum Rücktritt vom Amt entschieden haben könnte.

Die jüngsten Äußerungen von Papst Franziskus zu entsprechenden Missständen sind nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt gewesen. Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche gab diesen Einblick in die innersten Zirkel des Vatikans während einer Privataudienz mit sechs Vorstandsmitgliedern der Lateinamerikanischen und Karibischen Konferenz der Ordensleute (CLAR). Das Treffen fand bereits am vergangenen Donnerstag (06.06.2013) statt. Teilnehmer fertigten ein Gesprächsprotokoll an, dessen Inhalt jetzt von der chilenischen katholischen Internetseite "Reflexion y Liberacion" veröffentlicht wurde.

"Gay-Lobby"

In der Privataudienz sprach der Papst danach auch über Dinge, die ihm "Sorge bereiten". Darunter seien die Probleme in der Kurie, der zentralen Verwaltung der Kirche, die im vergangenen Jahr im Mittelpunkt eines Korruptionsskandals stand.

Und weiter zitiert das Internetportal Franziskus: "In der Kurie gibt es wahrhaft heilige Menschen, aber auch einen Strom der Korruption..., das stimmt."... "Man spricht von einer 'Gay-Lobby', und das stimmt, die ist da... man muss sehen, was wir machen können", sagte Franziskus laut den Aufzeichnungen.

Ähnliche Äußerungen des Argentiniers gab es nach Informationen der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" auch schon im Mai bei einer Audienz für die sizilianischen Bischöfe.

CLAR bedauert Veröffentlichung

Die CLAR-Präsidentschaft im kolumbianischen Bogotá bedauerte die Veröffentlichung des Protokolls "zutiefst" und distanzierte sich vorsichtig von dem Text. Die Konferenz versicherte, die Mitschrift sei nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur für die "persönliche Erinnerung" bestimmt gewesen. Sie beruhe auf den "Erinnerungen der Teilnehmer". Die wiedergegebenen Äußerungen könnten nur in einem allgemeinen, nicht jedoch im wörtlichen Sinne dem Papst zugeschrieben werden, stellte der Vorstand klar.

Vatikan schweigt

Der Vatikan wollte die Veröffentlichung des Protokolls nicht kommentieren. "Die Begegnung des Papstes mit den Vorstandsmitgliedern von CLAR hatte privaten Charakter", sagte Sprecher Federico Lombardi. Deshalb äußere er sich nicht über die Inhalte der Unterredung.

Das brisante Thema war in Rom bereits im März während der vorbereitenden Treffen der Kardinäle für die Papstwahl aufgekommen. Laut Medienberichten soll in dem Ermittlungsbericht einer Kardinalskommission über den "Vatileaks"-Skandal im Vatikan von einer Schwulen-Seilschaft mit Einfluss bis in die höchste Ebene die Rede sein. Papst Franziskus hatte nach seiner Wahl das Dokument von seinem Vorgänger Benedikt erhalten.

se/uh (dpa, kna, rtr, epd)