Alt und siegessicher
4. September 2008Auch Demokraten sprechen mit Hochachtung von John McCain, dem Präsidentschaftskandidaten der Republikaner. "Er trug die Uniform mit Tapferkeit und Ehre, dafür schulden wir ihm Dankbarkeit und Respekt", betont Barack Obama. Sein Vize, Senator Joe Biden, bezeichnet McCain als "langjährigen Freund". Und auch Senatorin Clinton nennt ihn einen "guten Freund, den ich achte". McCain ist ein alter Haudegen in der US-Politik - bewundert, gefürchtet und auch wegen seines eigenwilligen Humors von vielen verehrt.
Müde Witze übers Alter
Mit seinen 72 Jahren verkörpert der Senator ein gutes Stück Zeitgeschichte. Am Anfang seines Wahlkampfs im Rennen um das Weiße Haus konnte er noch Witze darüber machen: "Ich bin steinalt und habe mehr Narben als Frankenstein." Sollte er am 4. November gewinnen, wäre er zum Amtsantritt der älteste Präsident in der über 220 Jahre alten Geschichte der US-Demokratie. In Umfragen fällt Wählern zu McCain kein anderes Adjektiv ein als "alt. Jetzt, da sich die kritischen Stimmen über sein Alter häufen, stellt er häufiger seine Fitness heraus: "Ich kann im Wahlkampf noch jeden übertreffen, er gibt mir neue Kraft."
Der Verlauf des innerparteilichen Wettstreits um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner im Frühjahr gab ihm Recht. McCain ließ alle seine Konkurrenten hinter sich und sicherte sich klar die Spitzenkandidatur. Und das, obwohl er als Außenseiter gestartet war. Auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner in St. Paul im Staat Minnesota wurde McCain nun offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der Partei gekürt.
Drei Generationen Armeetradition
Bei der Präsidentenwahl am 4. November tritt er dann gegen den 25 Jahre jüngeren Senator Barack Obama von den Demokraten an. Das wird sicherlich keine leichte Aufgabe für McCain werden. Doch in Umfragen rückte McCain zuletzt bis auf wenige Prozentpunkte an den Polit-Star der Demokraten heran. Vor zwei, drei Monaten hätten ihm in Washington Wenige so große Chancen eingeräumt, Präsident zu werden.
McCain entstammt einer alten Offiziersfamilie. Sowohl sein Vater als auch sein Großvater waren Admiräle. McCain wurde 1967 als Marineflieger im Vietnamkrieg abgeschossen und saß fünf Jahre in Gefangenschaft in Hanoi. Dort wurde er gefoltert, was zu bleibenden Behinderungen führte. Eine vorzeitige Entlassung, die die Kommunisten dem Admiralssohn anboten, lehnte er ab, weil sie dem Marine-Ehrenkodex widersprochen hätte. Der sieht vor, dass Kriegsgefangene in der Reihenfolge ihrer Festnahme entlassen werden. McCain kehrte 1973 als schwer gezeichneter Kriegsheld heim.
Die Politik in Washington lernte er in den 70er Jahren als Verbindungsoffizier der Marine zum Senat kennen. 1981 nahm er seinen Abschied von den Streitkräften. Damals zerbrach auch seine Ehe. Einen Monat nach der Scheidung heiratete er Cindy Hensley, die Tochter eines Brauereiunternehmers in Phoenix. McCain zog nach Arizona, wo er 1982 ins Abgeordnetenhaus dieses US-Staates gewählt wurde. Nach zwei Amtszeiten folgte die Wahl in den US-Senat, inzwischen vertritt er Arizona bereits in der vierten Amtszeit.
Von Bush geschlagen
Im Jahr 2000 bemühte sich McCain schon einmal um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner, musste sich in den Vorwahlen aber dem jetzigen Präsidenten George W. Bush geschlagen geben, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten kann. McCain spricht Wähler aus einem relativ breiten ideologischen Spektrum an, was ihm von Kritikern aus den eigenen Reihen den Vorwurf einbrachte, ein verkappter Liberaler zu sein. McCain war ein früher und scharfer Kritiker von Bushs Kriegsführung im Irak, er war aber nicht gegen den Krieg selbst. Heute unterstützt er den Präsidenten gegen die Forderung nach einem Truppenabzug.
McCain baut im Wahlkampf auf seine politische Erfahrung. "Ich bin qualifiziert (für das Präsidentenamt). Ich bin bereit zum Dienst. Ich brauche kein Jobtraining", erklärte der Senator bei der offiziellen Bewerbung um die Präsidentschaftskandidatur seiner Partei im April vorigen Jahres.
Außen Falke innen liberal
McCain gilt außenpolitisch als "Falke", der vor allem mit Härte, Konsequenz und militärischen Mitteln Gegnern der USA sowie den Diktaturen in der Welt gegenübertreten will. Als "Herausforderung des 21. Jahrhunderts" sieht er den "islamischen Extremismus". Den Irak-Feldzug befürwortete er zwar generell, die Strategie Bushs in dem Land kritisierte er jedoch schon früh. 2007 folgte Bush den Forderungen McCains und verstärkte im Irak die Truppen, was seither zur relativen Beruhigung der Lage führte.
Innenpolitisch ist McCain für viele Republikaner ein unbequemer "Querkopf" und zu liberal. So will McCain eine vorsichtige Integration der illegalen Einwanderer. Er hat auch ein Gesetz zum Verbot der Folter durchgesetzt. McCains Witz und Spontaneität sind berühmt, er soll aber auch zum Jähzorn neigen. (mag)