Putin fordert Sicherheitsgarantien für Nordkorea
25. April 2019Russlands Staatspräsident ist weltweit für seine chronische Unpünktlichkeit berüchtigt: Wladimir Putin ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits mehrmals im Regen warten, auch der Papst wurde um über eine Stunde versetzt. Beim ersten Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un jedoch tauchte er zu aller Überraschung bereits eine Stunde früher als geplant auf. Vielleicht rührt die Vorfreude auch daher, dass der Kreml-Chef über ein Jahr lang warten musste, bis Kim seiner Einladung Folge leistete.
Nach dem dreieinhalbstündigen Treffen führte Kim Jong Un beim gemeinsamen Bankett an, "bedeutsame Gespräche" mit Putin geführt zu haben. Dieser stimmte ein, dass der Nuklearkonflikt "nur diplomatisch und friedlich gelöst" werden könne. In einer anschließenden Pressekonferenz wurde er ein wenig konkreter: Schritt für Schritt müsse man Vertrauen zu Nordkorea aufbauen, damit das Regime im Gegenzug für Sicherheitsgarantien sein Nuklearprogramm aufgibt.
Dies lässt sich als Fingerzeig Russlands an die USA deuten, ihre strikte Position bei den festgefahrenen Verhandlungen über die De-Nuklearisierung Nordkoreas zu lockern: Die USA streben nämlich keinen schrittweisen Prozess an, sondern verlangen von Nordkorea de facto die vollständige atomare Abrüstung, ehe sie zu Konzessionen in Form von Sanktionslockerungen bereit sind.
Sowjetunion war Nordkoreas wichtigster Handelspartner
Was hinter den Kulissen besprochen wurde, liegt nahe: Pjöngjang verfolgt bei dem Gipfel nämlich vorrangig drei Interessen: Russland kann als Veto-Mitglied des UN-Sicherheitsrats dahingehend Einfluss ausüben, dass die umfangreichen Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea gelockert werden. Zudem möchte Kim die USA nach dem gescheiterten Gipfel in Hanoi im Februar unter Druck setzen, nach diplomatischen Alternativen Ausschau zu halten.
Nicht zuletzt verfügen beide Länder über wirtschaftliches Potenzial: Sie teilen sich eine kleine, aber bedeutsame Landesgrenze, entlang derer das Eisenbahnnetz sowie Öl-Pipelines ausgebaut werden können. Russland hingegen dürfte an den wertvollen Vorkommen an seltenen Erden in Nordkorea interessiert sein.
Historisch unterhielten beide Länder schon einmal florierende Wirtschaftsbeziehungen. Die Sowjetunion – mit Russland als größtem Teil und Nachfolgestaat - war Nordkoreas wichtigster Öl-Lieferant und Handelspartner. Der Fall des Ostblocks schließlich führte mit zu den großen Hungersnöten, in deren Folge nicht nur das staatliche Versorgungssystem kollabierte, sondern auch mehrere hunderttausend Nordkoreaner starben. Unter Kim Jong Uns Ägide hat sich zwar die Wirtschaft längst gebessert, doch die jüngsten Sanktionen haben aufgezeigt, wie fragil die ökonomische Situation des Landes ist.
Südkorea bereitet sich auf weiteren Nordkorea-Gipfel vor
"Wahrscheinlich ist es Kims Ziel, allmählich Wirtschaftsreformen durchzuführen - aber nur solange seine eigene Stellung und die der Staatspartei nicht gefährdet ist", sagt Volker Stanzel, ehemaliger Botschafter in Peking und Tokio. Er beobachtet den nordkoreanischen Atomkonflikt bereits seit 1993, als Pjöngjang erstmals drohte, aus dem Atomwaffensperrvertrag auszutreten.
Was die atomare Abrüstung betrifft, ist der Ex-Botschafter "ganz und gar pessimistisch." Die an den Gesprächen beteiligten Nachbarländer Nordkoreas hätten alle diplomatischen Möglichkeiten versucht. Aus Sicht Nordkoreas sei durchaus verständlich, dass es ein starkes Interesse daran habe, den Erhalt des Regimes durch sein Atomprogramm sicherzustellen: "Das ist die einzige Verteidigungsmöglichkeit, gegen die es keine Gegenwehr geben kann".
Südkorea hingegen hält eisern an seinem Annäherungskurs fest: "Jetzt ist es wichtiger denn je, sich auf ein viertes innerkoreanisches Gipfeltreffen vorzubereiten", sagte No Young Min, Stabschef von Präsident Moon, am Donnerstag. Dabei hat Nordkorea bislang noch nicht bestätigt, ob es derzeit überhaupt Interesse an einem weiteren Treffen hat.