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Hans Küng wird 80

Daniel Knopp19. März 2008

Am Mittwoch feiert der katholische Theologe Hans Küng seinen 80. Geburtstag. Seit einem halben Jahrhundert wirbt der langjährige Weggefährte und Kritiker Papst Benedikts für ein zeitgemäßes Christentum.

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Hans Küng, Quelle: AP
Hans Küng, Theologe und Gründer der Stiftung 'Weltethos'Bild: dpa

Bekannt wurde Hans Küng in den 1970er-Jahren als standhafter Kritiker weiter Teile der katholischen Glaubenslehre. Bereits als junger Professor war er Kollege Joseph Ratzingers, des heutigen Papstes. Beim Zweiten Vatikanischen Konzil von 1962 bis 1965 hatten sie sich kennen und schätzen gelernt.

"Auf derselben Wellenlänge" seien sie gewesen, sagte Küng damals über die beiden Jungtheologen. Gemeinsamkeiten gab es bereits in ihrer Kindheit: Beide stammen aus einer konservativ-katholischen Familie. Beide sind eng verwurzelt in der Kirche. Beide studierten Theologie.

"Nicht auf dem Mund sitzen" und offen Kritik üben

Professor Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt, im Juli 1977
Professor Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt, im Juli 1977Bild: picture-alliance / dpa

Doch es gibt auch Unterschiede: Für den Schweizer Küng ist eine freie Demokratie Normalität. Ratzinger dagegen lernt Freiheit und Demokratie erst sehr spät kennen. Küngs Erfahrungen in der Zeit des Nationalsozialismus stärken sein bürgerliches Freiheitsbewusstsein und seine Abneigung gegen jegliche Form von Diktatur in Staat, Kirche und Gesellschaft.

"Als Schweizer ist man eben nicht gewöhnt, immer auf dem Mund zu sitzen und spricht das bewusst aus. Und man auch nicht gewohnt, sich vor irgendwelchen Bischofshüten von vornherein zu verneigen", sagt er.

Das Trauma von 1968

Nach dem Konzil setzte sich Küng als Dekan der theologischen Fakultät in Tübingen dafür ein, dass Ratzinger den Dogmatiklehrstuhl an seiner Universität bekam. Beide erleben das Jahr 1968 in Tübingen. "Er hat Szenen miterlebt, die wirklich sehr hässlich waren", erzählt Küng über Ratzinger. "Er hat von daher ein Trauma, das nicht richtig verarbeitet ist. Er hat seitdem immer etwas gegen die Volkskirche und gegen die Befreiungstheologie gehabt." Ratzinger selber habe immer gesagt, dass das Jahr 68 in Tübingen eine entscheidende Phase für ihn gewesen sei.

Hans Küng im Jahr 1975, Quelle: DPA
Hans Küng im Jahr 1975Bild: picture-alliance/ dpa

Die Wege beider trennen sich bereits in den frühen 1970er-Jahren, als Küng das Buch "Unfehlbar? Eine Anfrage" veröffentlicht. Darin stellt er die höchste Lehrautorität des Papstes in Frage. Ratzinger kritisiert Küng daraufhin in einer theologischen Fachzeitschrift. 1974 versucht Küng in dem Buch "Christ sein" die Lehre von Jesus Christus in moderner Sprache zu erklären.

Opfer eines Inquisitionsprozesses?

Die deutschen Bischöfe greifen das Buch heftig an: Es leugne, dass Jesus der Mensch gewordene Gott sei. Der Streit geht weiter und endet am 18. Dezember 1979 mit dem Entzug der Lehrerlaubnis. Einen Tag später tritt Küng zum Kampf entschlossen vor die Presse: "Ich bin völlig überrascht worden durch diese Nacht- und Nebelaktion. Ich halte es für einen Skandal, dass in einer Kirche, die sich auf Jesus Christus berufen will, noch im 20. Jahrhundert Inquisitionsprozesse durchgeführt werden. Ich werde dafür kämpfen, dass diese Entscheidung wieder rückgängig gemacht wird."

Späte Versöhnung

Alle Proteste helfen jedoch wenig. Ein Gespräch zwischen Küng und Papst Johannes Paul II. wird nie geführt. Erst nach dessen Tod darf Küng die heiligen Hallen des Vatikan wieder betreten; 2005 wird er von Papst Benedikt XVI. zu einem vierstündigen Gespräch eingeladen. Streitthemen werden unter den ehemaligen Kollegen aber nicht besprochen, zu kontrovers sind ihre Standpunkte.

Bei Küng stehen die Weltreligionen und der interreligiöse Dialog im Mittelpunkt der Theologie. Bei Papst Benedikt sind Tradition und die Einheit der Katholischen Kirche das Bestimmende. Doch so unterschiedlich sich auch die Wege der beiden entwickelt haben, seit dem gemeinsamen Gespräch schreiben sich die alten Weggefährten wieder regelmäßig Briefe. Bleibt zu hoffen, dass der Papst den runden Geburtstag seines größten Kritikers nicht vergessen hat.