Wilders muss Wunden lecken
23. Mai 2014Rechtspopulist Geert Wilders gestand seine Niederlage offen ein. Die Prognosen seien "enttäuschend", sagte der Gründer der anti-europäischen Partei für die Freiheit (PVV) in Den Haag.
Die PVV hatte bei der Europawahl am Donnerstag eine überraschend deutliche Schlappe erlitten und landete der Prognose zufolge mit 12,2 Prozent nur auf Platz vier, das waren knapp fünf Prozentpunkte weniger als 2009. "Wir haben wie die Löwen gekämpft", sagte Wilders, der erst Stunden nach Bekanntgabe der Prognose vor seinen Anhängern erschienen war. Er erklärte den Verlust mit der geringen Wahlbeteiligung von knapp 37 Prozent. "65 Prozent unserer Wähler blieben zu Hause", sagte er.
"Votum für Europa"
Die Pro-Europäer sind nach den Prognosen des niederländischen Fernsehens die großen Gewinner. Danach lag die linksliberale Partei D66 mit 15,6 Prozent knapp vor den Christdemokraten (15,2). D66-Fraktionschef Alexander Pechtold sprach von einem "überzeugenden Votum für Europa".
Die rechtsliberale Partei VVD von Ministerpräsident Mark Rutte kam mit leichten Gewinnen auf 12,3 Prozent und damit auf Platz drei. Ihr sozialdemokratischer Koalitionspartner büßte dagegen fast drei Prozentpunkte auf 10,0 Prozent ein. Die Sozialdemokraten liegen nun gleichauf mit den Sozialisten. Diese sehr europakritische linke Partei gewann etwa drei Prozent.
Offizielle Ergebnisse erst am Sonntag
Die Wahlbeteiligung lag mit etwa 37 Prozent etwa ebenso hoch wie bei der Wahl vor fünf Jahren. Insgesamt waren rund 12,5 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, die 26 Abgeordneten für die Niederlande neu zu bestimmen. Die Prognose beruht auf Befragungen von rund 40.000 Wählern nach der Stimmabgabe. Offizielle Ergebnisse werden erst nach Schließung der letzten Wahllokale in Europa am Sonntagabend nach 23.00 Uhr in Italien bekanntgegeben.
Bei der englischen Kommunalwahl hat die EU-kritische Partei UKIP den etablierten Parteien dagegen Stimmen abgenommen. Dies lässt ein Erstarken der UKIP auch bei der parallelen Europawahl in Großbritannien erwarten. UKIP-Chef Nigel Farage hatte im Wahlkampf für einen EU-Austritt Großbritanniens und eine Begrenzung der Zuwanderung geworben. Die EU-Gegner jagen vor allem den Konservativen um Premierminister David Cameron und ihrem liberaldemokratischen Koalitionspartner Stimmen ab.
Weltweit zweitgrößte Wahl
Bei den Wahlen in den 28 EU-Ländern sind bis einschließlich Sonntag gut 400 Millionen Menschen aufgerufen, über die Zusammensetzung des Europa-Parlaments zu entscheiden. Es handelt sich um die zweitgrößte demokratische Wahl der Welt nach der Parlamentswahl in Indien. An diesem Freitag wird in Irland und Tschechien gewählt. Das Gros der Unionsbürger wird erst am Sonntag abstimmen. Dann sind auch die deutschen Wahllokale geöffnet. Nach Urteilen des Bundesverfassungsgerichts gibt es in Deutschland bei der Europawahl erstmals keine Sperrklausel, es können also auch Kleinparteien ins Europaparlament einziehen.
Die großen Parteienfamilien haben bei dieser Europawahl erstmals für den Posten des EU-Kommissionschefs europaweite Spitzenkandidaten ins Rennen geschickt. Für die Europäische Volkspartei, der auch CDU und CSU angehören, bewirbt sich der frühere luxemburgische Ministerpräsident und ehemalige Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker. Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten ist EU-Parlamentspräsident Martin Schulz aus Deutschland.
jj/mm (dpa, afp)