Reformstreit geht in nächste Runde
10. Dezember 2003Im Vorfeld der entscheidenden Sitzungen des Vermittlungsausschusses von Bundesrat und Bundestag senden die Kontrahenten erste Kompromisssignale. Sowohl Bundeskanzler Gerhard Schröder als auch der Vorsitzende der CSU und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber bekundeten nicht nur ihre Bereitschaft, zu einer gemeinsamen Lösung, sondern ließen auch erkennen, wo sie Verhandlungsspielraum sehen.
Worum es geht
In der Sache geht es darum: die Finanzierung der auf Anfang 2004 vorzuziehenden Steuerreform und die Neuordnung des Arbeitsmarktes. Die Bundesregierung hatte bisher geplant, die durch das Vorziehen der Steuerreform entstehenden Mindereinnahmen im wesentlichen durch neue Kredite zu decken. Dagegen verlangt die christdemokratische Opposition, dass nicht mehr als ein Viertel der Mindereinnahmen durch Schulden finanziert werden. Der Rest soll durch Subventionskürzungen, zusätzliche Einsparungen und die Privatisierung von Bundesvermögen abgedeckt werden.
Dazu erklärte jetzt Bundeskanzler Schröder: "Wir haben deutlich gemacht, dass wir finanzieren wollen in einem Dreiklang aus Privatisierungserlösen, aus Neuverschuldung und aus Subventionsabbau. Natürlich kann man die drei Gesichtspunkte anders ordnen. Das wird Sache der Verhandlungen sein."
Regierung muss Entgegenkommen zeigen
Bei der Opposition ist dieses Signal Schröders positiv aufgenommen worden. Der Vorsitzende der Bayerischen CSU Edmund Stoiber meinte: "Zum ersten mal scheint er jetzt darauf einzugehen, dass das nicht über Schulden oder hauptsächlich über Schulden finanziert werden kann, sondern er ist jetzt bereit, mehr an Subventionen zu kürzen, vielleicht auch noch mehr an Privatisierungserlösen einzusetzen, weniger Schulden zu machen."
Nach Meinung der Christdemokraten kann es einen Kompromiss nur geben, wenn ihnen Regierung und rotgrüne Koalition bei der Neuordnung des Arbeitsmarktes entgegenkommen. Die Union will die Tarifautonomie lockern und auf diese Weise so genannte betriebliche Bündnisse für Arbeit ermöglichen. Einzelne Betriebe, die sich in Schwierigkeiten befinden, sollen mit Zustimmung der Belegschaft vom Flächentarifvertrag abweichen und besondere Regelungen bei den Löhnen oder der Arbeitszeit vereinbaren können.
Bedenken bei Lockerung der Tarifautonomie
Allerdings gibt es bei den Sozialdemokraten erhebliche Bedenken gegen eine solche Regelung. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement würde freiwillige Vereinbarungen zwischen den Tarifpartnern einer gesetzlichen Regelung vorziehen. Jedoch sind bisher alle Versuche, zu einer solchen Lösung zu kommen, gescheitert. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Müntefering hat auch rechtliche Bedenken: "Ich sehe überhaupt keine Möglichkeit. Ich glaube, wenn man ein Bundesgesetz machen würde, das wäre rechtlich hoch problematisch und würde vor deutschen Gerichten nicht halten. Das ist auch nicht nur meine Meinung, sondern da gibt es inzwischen auch in der CDU welche wie Herr Arentz von der CDA, die da auch große Bedenken haben."
Die Sitzung des Vermittlungsausschusses beginnt am Mittwoch (10.12.). In Berlin geht man jedoch davon aus, dass diesen Beratungen noch weitere Sitzungen folgen werden. Will man die entsprechenden Gesetze termingerecht zum Beginn des neuen Jahres in Kraft setzen, müssen sie spätestens am 17. Dezember eingebracht werden.