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Riskanter Auftritt in Kaschmir

7. September 2013

Begeisterte Zuschauer feiern das Bayerische Staatsorchester, während Scharfschützen und tausende Sicherheitskräfte die Veranstaltung absichern: Das waren die zwei Seiten eines kontroversen Friedenskonzerts.

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Zubin Mehta mit dem Orchester der Bayerischen Staatsoper in Srinagar (Foto: AP)
Bild: picture alliance/AP Photo

Die mehr als 1500 geladenen Gäste im Mogul-Garten Shalimar Bagh beklatschten die Musiker aus dem fernen Bayern ausgiebig. Orchesterleiter Zubin Mehta zeigte sich "sehr glücklich". Der in Indien geborene Dirigent wollte mit dem Konzert die Botschaft übermitteln: "Musik ist die Nachricht vom Frieden". Ein Auftritt in Kaschmir sei immer sein Traum gewesen, sagte der Maestro. Mehrere Fernsehsender hatten das Konzert, bei dem Werke von Beethoven, Haydn und Tschaikowski gespielt wurden, live aus Srinagar übertragen. Veranstalter waren die Deutsche Botschaft in Neu-Delhi und das indische Tourismus-Ministerium.

"Gefühl für Kaschmir"

Das Konzert - das wohl erste eines westlichen Orchesters in der Region - stand unter dem Motto "Ehsaas-e-Kashmir" (Gefühl für Kaschmir) und hatte in den vergangenen Wochen eine heftige Kontroverse ausgelöst. Kritiker appellierten an Deutschland, die Veranstaltung abzusagen, weil es einer stillschweigende Legitimierung der indischen Herrschaft über Kaschmir gleichkomme.

Separatistenführer Said Ali Shah Gilani, der seit drei Jahren unter Hausarrest steht, rief aus Protest zu einem Streik auf. Terrorgruppen hatten mit Anschlägen gedroht. Menschenrechtsaktivisten luden zu einer Gegenveranstaltung unter dem Titel "Haqeeqat-e-Kashmir" (Kaschmirs Wirklichkeit) mit Dichtern, Musikern und Künstlern aus der Region. Sicherheitskräfte ließen jedoch kaum jemanden in den Park im Zentrum Srinagars vor.

Empörung löste in Kaschmir auch die exklusive Gästeliste für das Konzert aus, die mit hochrangigen indischen Politikern, Spitzen-Industriellen, Bollywood-Stars und Sportlern vor allem die Elite Indiens repräsentierte. Diesen Punkt kritisierte auch Nikolaus Bachler, Intendant der Bayerischen Staatsoper: "Alle Menschen, mit denen ich sprach, sagten: Wunderbar, aber warum sind wir ausgeschlossen?" Die Botschaft habe daraus fast einen Staatsakt gemacht, sagte Bachler der Nachrichtenagentur dpa. Dirigent Mehta sagte vor dem Konzert, nächstes Mal werde in einem Stadion gespielt. "Wir wollen nicht nur ein paar wenige Ausgesuchte."

Geladene Gäste auf dem Weg zum Konzert des Bayerischen Staatsorchsters in Kaschmir (Foto: AFP)
Die exklusive Gästeliste sorgte für MissmutBild: TAUSEEF MUSTAFA/AFP/Getty Images

Hochsicherheitszone

Um den Schauplatz des Konzerts am malerischen Ufer des Dal-Sees war ein Sicherheitskordon von neun Kilometern gezogen worden. Militär-Schnellboote patrouillierten, Häuser im direkten Umkreis des Veranstaltungsortes waren von der Armee besetzt. Auf den Dächern waren Scharfschützen postiert. Die Bewohner Srinagars waren in ihrer Bewegungsfreiheit extrem eingeschränkt – und entsprechend verärgert

Kaschmir ist seit mehr als sechs Jahrzehnten ein umstrittenes Gebiet, das sowohl Pakistan als auch Indien für sich beanspruchen. Mitte der 1980er Jahren begann im indischen Teil Kaschmirs ein bewaffneter Aufstand für die Unabhängigkeit von Indien, bei dem bislang Tausende Menschen ums Leben kamen.

rb/sc (dpa, epd)