Geld-Forderung
18. Juni 2010Minsk solle innerhalb von fünf Tagen einen Vorschlag unterbreiten, wie es die Schulden in kürzester Zeit begleichen wolle. Geschehe das nicht, müssten "strenge Maßnahmen" ergriffen werden, sagte der russische Präsident Dmitrij Medwedjew am Dienstag (15.06.2010) bei einem Treffen mit Gazprom-Chef Aleksej Miller. Zurzeit schulde Belarus dem Unternehmen umgerechnet rund 166 Millionen Euro. Miller drohte, die Lieferungen im Verhältnis zu den Außenständen zu reduzieren. Die Führung in Minsk kommentierte die Forderungen aus Moskau nicht.
Eine Menge von Forderungen
Der Vorsitzende der belarussischen Liberal-Demokratischen Partei, Sergej Gajdukewitsch, meint, bei der Forderung gehe es nur vordergründig um Geld. Schuldenprobleme habe es auch früher schon gegeben, aber diese seien ohne Ultimaten geregelt worden. Minsk solle in anderen Fragen einlenken.
"Jetzt haben sich bei Russland eine Menge Forderungen an Minsk angesammelt, darunter die Frage einer Anerkennung der Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens", erläuterte Gajdukewitsch. Auch sehe Moskau die Beteiligung von Belarus am EU-Programm Östliche Partnerschaft nicht gerne. Mit dem Programm sollen die sechs ehemaligen Sowjetrepubliken Ukraine, Belarus, Moldau, Aserbaidschan, Georgien und Armenien näher an die EU herangeführt werden.
Gajdukewitsch will der bei den nächsten Präsidentschaftswahlen in Belarus antreten. Ein genauer Termin steht noch nicht fest, aber laut Verfassung müssen die Wahlen spätestens im Frühjahr 2011 stattfinden. Gajdukewitsch, der sich als pro-russischer Kandidat positioniert, meint, Moskau wolle diese offenen Fragen im russisch-belarussischen Verhältnis gerne noch vor den Wahlen klären.
Stärkere West-Orientierung?
Der nun eingeforderte Betrag sei weder für Russland noch für Gazprom derzeit dringend notwendig, meint der belarussische Politologe Aleksandr Klaskowskij. Der Kreml wolle mit seinem Vorgehen deutlich machen, Minsk solle die Bedeutung nicht überbewerten, die Moskau einer Beteiligung von Belarus an einer Zollunion mit Russland und Kasachstan beimesse. Minsk verlangt für eine vollständige Beteiligung an der Zollunion Preisrabatte bei russischen Energielieferungen sowie zollfreie russische Öl-Exporte nach Belarus.
"Der Unmut über die neuen russischen Methoden im Umgang mit seinen Partnern kann aber dazu führen, dass sich die belarussische Politik stärker nach Westen hin orientiert", sagte Klaskowskij. Er betonte, der belarussischen Führung bleibe nichts anderes übrig, als die Rechnungen zu bezahlen.
Streit über Zölle ungelöst
Russland, Kasachstan und Belarus hatten im November 2009 in der belarussischen Hauptstadt die Bildung einer Zollunion vereinbart. Sie wird aber aufgrund der Differenzen zwischen Moskau und Minsk nicht wie geplant ab Juli dieses Jahres vollständig umgesetzt.
Im Januar 2007 hatte ein Streit über Zölle zwischen beiden Ländern zu einem mehrtägigen Lieferstopp geführt, der auch Deutschland und andere europäische Länder betroffen hatte - sie erhielten kein russisches Öl mehr, Raffinerien mussten ihre Produktion herunterfahren. Durch Belarus verlaufen wichtigen Transitleitungen für russische Energielieferungen an den Westen.
Autoren: Andrej Alechnowitsch, Markian Ostaptschuk (afp, dpa)
Redaktion: Julia Kuckelkorn