Zypern-Krise und Russland
20. März 2013"Unfair, unprofessionell und gefährlich" sei die geplante und inzwischen vom zyprischen Parlament abgelehnte Zwangsabgabe für Bankkunden, sagte der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Ministerpräsident Dmitri Medwedew sprach sogar von Enteignung, die ihn an "sowjetische Methoden" erinnere.
Für die Berichterstattung über die Abstimmung im zyprischen Parlament zur Zwangsabgabe für Bankkunden unterbrach der staatliche russische Fernsehsender RTR sogar sein Programm. Das kommt in Russland selten vor. Gezeigt wurden Tabellen russischer Firmen, die auf Zypern registriert sind. Genannt wurden Summen "russischer" Gelder auf Zypern. Aber mit keinem Wort wurde dabei erwähnt, ob diese Milliarden in Russland ordentlich versteuert wurden oder ob sie "schmutziges" Geld aus halblegalen Geschäften sind.
Eine Frage von Russlands Prestige
Kritik am Vorgehen der EU kam auch von Russlands Finanzminister Anton Siluanow. Der russischen Nachrichtenagentur Interfax sagte er, Russland hätte mit den Kollegen der Eurogruppe eine Vereinbarung gehabt, die Bemühungen in der Zypern-Krise zu koordinieren.
"Es kam aber so, dass die Entscheidung der Eurogruppe über die Einführung der Abgabe auf Bankeinlagen ohne Absprache mit Russland getroffen wurde", so der Minister.
Auch der russische Milliardär und ehemalige Präsidentschaftskandidat Michail Prochorow macht in der Wirtschaftszeitung "Wedomosti" kein Hehl daraus, dass es ihm bei der Zypern-Krise vor allem um das Prestige Russlands geht. "Zypern muss Russland als gleichberechtigten dritten Partner zu den Verhandlungen hinzuziehen. Russland tritt bereits als Kreditgeber Zyperns auf. Russland hat genügend Finanzmittel, um Zyperns Finanzsystem mit Mitteln des Marktes zu retten", beteuert der Milliardär.
Diskussion um Rolle Deutschlands
Ruslan Grinberg, Leiter des Wirtschaftsinstituts der Russischen Akademie der Wissenschaften meint, hinter allem, was rund um Zypern passiere, stehe Deutschland. Berlin handele entschlossen und signalisiere allen: "Jungs, Geld ohne Auflagen gibt's nicht mehr." Doch Zypern habe die Bedingungen nicht akzeptiert. Das sei auch ein Signal an die Deutschen und andere Länder. "Aber ich glaube, dass man im allerletzten Moment eine Lösung finden wird, denn Europa bedeutet Konsens, bedeutet Weiterentwicklung der Integration durch die Krise", so der Moskauer Experte im Gespräch mit der DW.
Die populäre neoliberale Journalistin Julia Latynina sieht hingegen im Vorgehen der Eurogruppe einen "Triumph sozialistischer Regulierung und Bürokratie". Sozialismus führe immer zu Enteignungen. "Mir ist zweifelsohne klar, warum die EU die Kunden der zyprischen Banken enteignen will. Es gibt auf Zypern viel schmutziges Geld und die europäischen Banken wollen dieses Geld haben. Es ist kein Kampf gegen schmutziges Geld, sondern es ist ein Kampf um das schmutzige Geld", schrieb Latynina in der unabhängigen "Nowaja Gaseta".
Kein Grund zur Trauer?
Zum Kampf um die Gelder auf Zypern ruft unterdessen der russische Populist Wladimir Schirinowski (großes Artikelbild oben) auf. Er gestand, er empfinde keinerlei Häme darüber, dass es vielleicht einigen Neureichen an den Kragen gehe. Aber alle russischen Bürger sollten verteidigt werden, unabhängig davon, wie sie ihr Geld verdient hätten. Im Parlament trug er demonstrativ Schwarz. Schirinowski sagte, er trauere "um die Republik Zypern, um das Privateigentum, um die EU, um die Schengenzone".
Auf Anfrage der Zeitung "Komsomolskaja Prawda" kommentiert Nikita Kritschewski vom Verband der Kleinunternehmer und Mittelständler "Opora Rossii" die russischen Reaktionen auf die Zypern-Krise folgendermaßen: "Wir haben keinen Grund, Diebe und korrupte Beamte zu bemitleiden, die Geld in Offshore-Unternehmen verstecken, das für den Bau von Schulen und Krankenhäusern fehlt. Wenn man bedenkt, dass zwei Drittel der Bevölkerung in Russland überhaupt keine Bankeinlagen haben, mutet die Hysterie um das heimtückische Zypern scheinheilig an."