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Es ginge genauer

Alexander Richter31. Januar 2013

Der Rüstungsexportbericht ist längst nicht so transparent, wie es die Bundesregierung gerne darstellt. Weder werden Firmen genannt, noch der Verkauf von Militärgerät durch die Bundeswehr erklärt. Dabei ginge es genauer.

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Der Kampfpanzer "Leopard 2 A6 EX" faehrt am Montag (15.07.02) auf dem Gelaende der Herstellerfirma Krauss-Maffei Wegmann in Muenchen. Das Kuerzel "EX" im Typennamen kennzeichnet die Exportversion des Panzers. Foto: dapd // Eingestellt von wa
Panzer / Leopard 2 / Rüstung / WaffenhandelBild: dapd

Warum tauchen immer wieder Waffen aus deutscher Produktion in Kriegsgebieten auf? Immerhin behauptet die Bundesregierung, Rüstungsexporte "restriktiv" zu handhaben und Exporte in Länder mit kritischer Menschenrechtslage oder hohem Konfliktpotenzial zu verbieten. Schließlich muss in Deutschland jeder Rüstungsexport genehmigt werden.

Und trotzdem kämpften beispielsweise libysche Rebellen im Jahr 2011 mit modernen deutschen Sturmgewehren gegen den Diktator Muammar Gaddafi. Doch wie gelangten sie nach Libyen? Dass die G36-Gewehre aus deutschen Armeebeständen stammen, darf ausgeschlossen werden. Denn die Bundeswehr vernichtet nach eigenen Angaben überschüssige Kleinwaffen. Auch der deutsche Hersteller bestreitet, die Gewehre irgendwann nach Libyen geliefert zu haben.

Ein Mann hält ein deutsches Sturmgewehr vom Typ "G36" im Anschlag (Foto: dpa)
Tauchten im libyschen Bürgerkrieg auf: Gewehre vom Typ "G36"Bild: picture-alliance/dpa

Nur gefilterte Informationen im Rüstungsexportbericht

Wer sich in solchen Fällen Aufklärung von den Rüstungsexportberichten der Bundesregierung erhofft, wird enttäuscht: "Der Rüstungsexportbericht gibt in keinster Weise an, welche Firma was, zu welchem Zeitpunkt, an welches Land geliefert hat", resümiert Jan Grebe vom Internationalen Konversionszentrum in Bonn.

Der deutsche Rüstungsexportbericht ist eine abstrakte Zusammenfassung erteilter Exportgenehmigungen. Der Hauptteil des Berichts besteht aus einer Auflistung jener Länder, in die Ausfuhren genehmigt wurden. Ob der Export tatsächlich in der beantragten Höhe stattgefunden hat oder ob überhaupt Rüstungsgüter ausgeführt wurden, darüber gibt der Regierungsbericht keine Auskunft. Zudem werden auch die Exportgüter nur vage umrissen. Fahrzeuge, Ersatzteile, Elektronik, Waffen, Munition und anderes Militärmaterial werden in 20 grobe Kategorien mit allgemeinen Bezeichnungen zusammengefasst.

Regierung: Detaillierter Bericht

Die Bundesregierung sieht dagegen eine hohe Detailtiefe. "In dem jährlich erscheinenden Rüstungsexportbericht berichtet die Bundesregierung detailliert über die erteilten Ausfuhrgenehmigungen für Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter", teilte das Wirtschaftsministerium auf DW-Anfrage mit. Das Ministerium verantwortet den Rüstungsexportbericht. Warum keine Firmennamen im Bericht aufgeführt werden, erklärt das Ressort so: "Eine Nennung der exportierenden Unternehmen im Bericht wird aus rechtlichen Gründen (Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) nicht vorgenommen."

Deutsche Rüstungsexport-Genehmigungen des Jahres 2011 (Infografik: DW)

Aber nicht nur deutsche Firmen verkaufen weltweit Rüstungsgüter. Die Bundesregierung betreibt selber regen Handel - mit Material aus Bundeswehrbeständen. Und hier leistet der Rüstungsexportbericht keine echte Aufklärung. Mit nur wenigen Sätzen und ausgewählten Beispielen werden diese Geschäfte in den Rüstungsexportberichten dargestellt.

Bundeswehr verkauft Altbestände

Dabei gibt es genauere Angaben und Zahlen über die Bundeswehrverkäufe: Nicht frei zugängliche Regierungsdokumente belegen, dass die deutschen Streitkräfte beispielsweise 2011 für fast elf Millionen Euro den Verkauf von Werkzeugen, Munition und Panzer an Brasilien, Chile, Dänemark, Kanada und Schweden vereinbarten. 2010 sicherte Deutschland der Türkei 56 Kampfpanzer "Leopard 2A4" aus Bundeswehrbeständen für mehr als 13 Millionen Euro zu. Die Liste der Bundeswehrexporte der vergangenen Jahre ist lang: Lastwagen, Flugzeuge, Boote, Panzer, Sanitätsmaterial und Munition wurden ins Ausland verkauft. Ausgemusterte Gewehre erhielten demnach ein europäischer und ein südamerikanischer Staat.

Die zehn größten Zielländer geplanter deutscher Rüstungsexporte (Infografik: DW)

Der Erlös all dieser Geschäfte fließt direkt in den Bundeshaushalt. Das Pikante daran: Das Verteidigungsministerium genehmigt sich die eigenen Waffengeschäfte. Während Unternehmen ihre Rüstungsexporte beim zuständigen Bundesamt beantragen und viele Erklärungen abgeben müssen, genehmigt ein Referat im Verteidigungsministerium die Ausfuhr von Verkäufen aus den Beständen der Bundeswehr.

Genehmigungsverfahren kaum durchschaubar

Es sei schwierig einzuschätzen, ob andere Maßstäbe angelegt werden als in Fällen, in denen das Wirtschaftsministerium über einen Export entscheidet, sagt Rüstungsexperte Grebe: "Gleichzeitig ist es aber so, dass die Bundesregierung in einer Antwort an das Parlament explizit festgestellt hat, dass mit dem Verkauf von Bundeswehrmaterial möglichst viel Geld wieder in den Staatshaushalt fließen soll. Von daher ist davon auszugehen, dass hier sehr großzügig die Fälle begutachtet werden."