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Neues Kabinett in Paris

19. Juni 2007

Nach den Parlamentswahlen in Frankreich hat Präsident Nicolas Sarkozy die Regierung umgebaut. Als Sieger aus der Kabinettsumbildung geht der bisherige Wirtschaftsminister Jean-Louis Borloo hervor, der Vize-Premier wird.

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Superminister und Präsident: Jean-Louis Borloo und Nicolas Sarkozy, Quelle: AP
Superminister und Präsident: Jean-Louis Borloo (links) und Nicolas SarkozyBild: AP

Zum Nachfolger des zurückgetretenen Vize-Premiers und Umweltministers Alain Juppé wurde am Dienstag (19.6.07) der bisherige Wirtschafts- und Finanzminister Jean-Louis Borloo ernannt. Der neue Vize-Premier war in den konservativen Regierungen seit 2002 zunächst für Städtebau zuständig gewesen und dann Sozial- und Arbeitsminister geworden. Der Anwalt kam von der Zentrumspartei UDF. Er ist auch Ko-Präsident der mit Sarkozys UMP verbündeten Radikalen Partei (PR). In den 90er Jahren zählte Borloo zu den Gründern der Umweltpartei Génération Ecologie.

Borloo nach den Wahlen in der Kritik

Nach dem unerwartet schlechteren Ergebnis der UMP bei den Parlamentswahlen war Borloo in den eigenen Reihen in die Kritik geraten. Grund war, dass er nach der ersten Wahlrunde eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht ausgeschlossen hatte. Der mögliche Griff ins Portemonnaie der Franzosen brachte der Opposition unverhofft ein neues Wahlkampfthema. Die konservative UMP von Sarkozy und ihre Partner gewannen am Sonntag zwar mit 345 von 577 Sitzen die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung. Meinungsumfragen hatten den Konservativen aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit vorausgesagt.

Die erste Regierung von Premierminister François Fillon war nach Sarkozys Amtsantritt vor einem Monat ernannt worden. Eigentlich sollte sie nur durch Staatssekretäre ergänzt werden. Vize-Premier Juppé hatte jedoch bei den Parlamentswahlen kein Abgeordnetenmandat mehr bekommen, weshalb er nach den Vorgaben Fillons ausscheiden musste.

Borloos Posten im Wirtschafts- und Finanzministerium übernimmt mit Christine Lagarde nun erstmals eine Frau. Die erfolgreiche Anwältin hatte zuvor das Agrar-Ressort geführt. Dort wird sie durch den früheren Außenminister und EU-Kommissar Michel Barnier ersetzt. Barnier rückt als einziger Minister neu ins Kabinett.

Neue Wirtschaftsministerin genießt hohes Ansehen

Die 51-jährige Lagarde genießt hohes Ansehen. Sie bringt internationale Berufserfahrung mit, wenngleich sie nicht als politisches Schwergewicht gilt. Analysten sehen darin aber keinen Makel, da die Fäden ihrer Einschätzung nach ohnehin das Team Sarkozy-Fillon ziehen dürften. Lagarde muss maßgebliche Teile der Reformagenda von Sarkozy durchdrücken. Sollte sie scheitern, würde ihr Ausscheiden nach Meinung von Beobachtern Sarkozy weniger schaden als ein Rücktritt von Borloo.

Der neue Agrarminister Michel Barnier, Quelle: AP
Der neue Agrarminister Michel Barnier war bereits französischer AußenministerBild: AP

Insgesamt wurden 3 von 15 Ministerposten neu- oder umbesetzt. Hinzu kamen elf neue Staatssekretäre, darunter der sozialistische Senator und Bürgermeister von Mülhausen, Jean-Marie Bockel. Der 57-Jährige ist nun Staatssekretär für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Frankophonie im Außenministerium, das mit Bernard Kouchner gleichfalls von einem langjährigen Sozialisten geleitet wird.

Unter Kouchner arbeitet bereits der ebenfalls von den Linken kommende Europa-Staatssekretär Jean-Pierre Jouyet. Dies seien "traurige" Seitenwechsel, die von wenig Ehrgefühl zeugten, sagte der bisherige Fraktionschef der Sozialisten in der Nationalversammlung, Jean-Marc Ayrault. Die sozialistischen Abgeordneten verurteilten dies zutiefst.

Liberale wählen Fraktionschef

Die mit der UMP verbündeten Liberalen vom Neuen Zentrum wählten den Abgeordneten François Sauvadet zum Fraktionschef. Die Fraktion zählt nunmehr 22 Mitglieder. Zu den 21 als Vertreter des Neuen Zentrums gewählten Mandatsträgern kam noch Jean-Christophe Lagarde, der eigentlich für die Demokratische Bewegung von UDF-Chef François Bayrou angetreten war.

Die Sozialisten wollen ihren Fraktionschef am kommenden Montag bestimmen. Dabei will sich Ayrault erneut zur Wahl stellen. Die Fraktion umfasse 187 Sozialisten, sagte er. Mit Vertretern der Radikalen Linkspartei (PRG) und anderen Linken könnten es mehr als 200 Mitglieder werden. (tos)