Schulstreik für den Klimaschutz
24. September 2021Unter dem Motto "Alle fürs Klima" sind weltweit Jugendliche und Unterstützer für mehr Klimaschutz auf die Straßen zum globalen Klimastreik. Allein in Deutschland gab es den Organisatoren zufolge Kundgebungen und Demonstrationen an mehr als 470 Orten.
Auf Bannern mit Aufschriften wie "Wir sind jung und brauchen die Welt" wies die vor allem von jungen Menschen getragene Fridays-for-Future-Bewegung ein weiteres Mal darauf hin, dass die "Klimakrise das größte Problem dieses Jahrhunderts" ist und dass "die Zeit knapp wird, um irreversible Schäden durch die Erwärmung des Planeten zu verhindern". Es war der insgesamt achte weltweite Aktionstag von Fridays for Future seit 2019.
Dem Protest haben sich nach Angaben von Fridays for Future auch zivilgesellschaftliche Organisationen wie Umweltverbände und Kirchen angeschlossen. Außerdem hätten mehr als 4000 Unternehmen ihre Unterstützung zugesagt.
Besonders große Kundgebungen waren in Hamburg, Freiburg, Köln und Berlin geplant. Allein in der Hauptstadt sprach die Polizei von einer Teilnehmerzahl im "mittleren fünfstelligen Bereich" rund um das Regierungsviertel, die Aktivisten selbst gingen von 100.000 Demonstranten aus. Bundesweit waren es demnach 620.000.
Zentrale Forderung der Aktivisten sind verstärkte Klimaschutzmaßnahmen, um die globale Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Das entspricht dem 2015 im Klimaschutzabkommen von Paris international vereinbarten Ziel.
"Keine Partei hat ein 1,5-Grad-Programm"
Der Klimastreik kurz vor der Bundestagswahl hatte auch das Ziel, den Druck auf die Parteien erhöhen, gegen die Klimakrise aktiv zu werden. Deutschland hatte in den vergangenen Jahren wiederholt seine Emissionsminderungsziele im Rahmen des Abkommens nicht erreicht.
Die TV-Debatte der Spitzenkandidatinnen und -kandidaten vom Donnerstagabend habe noch einmal gezeigt, "dass die Parteien von 1,5 Grad reden, aber keine von ihnen ein 1,5-Grad-Programm hat", schrieb Fridays for Future Deutschland auf Twitter in einem Protestaufruf.
"Die Politik ignoriert die wissenschaftlichen Warnungen auch im Jahr 2021, aber uns auf der Straße kann sie nicht ignorieren", sagte die Aktivistin Luisa Neubauer von der deutschen Sektion der Gruppe. Die nächste Legislaturperiode sei mit Blick auf die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen "nicht einfach ein Vier-Jahres-Zeitraum, in dem Politik gemacht wird", so Neubauer weiter. Die Entscheidungen, die getroffen würden, beeinflussten "die nächsten Jahrzehnte".
Carla Reemstma von Fridays for Future Deutschland, sagte der DW, die Klimakrise werde bislang von der Politik nicht wie eine echte Krise behandelt. "Stattdessen heizen die meisten politischen Parteien die Klimakrise durch den Bau neuer Kohlekraftwerke, Autobahnen oder Gaspipelines an", so Reemstma.
Gerta Thunberg: Deutschland ist viertgrößter CO2-Sünder
In Berlin betonte die Initiatorin der Bewegung, die Schwedin Greta Thunberg: "Die Klimakrise kann nicht allein durch Parteipolitik gelöst werden. Wir müssen auch aktive demokratische Bürger sein und auf die Straße gehen und Maßnahmen fordern."
Thunberg kritisierte, Deutschland sei weltweit der viertgrößte CO2-Emittent. Mit 80 Millionen Menschen sei das schon eine Leistung, so Thunberg. "Deutschland ist objektiv gesehen einer der größten Klima-Bösewichte."
Alle sind für Klimaschutz - irgendwie
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bezeichnet die Proteste für mehr Klimaschutz als richtig. Er sei dankbar für das Engagement von Fridays for Future, schrieb Scholz auf Twitter.
Die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock suchte im Vorfeld einer Demonstration in Köln das Gespräch mit Umweltaktivisten. Vor Beginn des Protestmarschs verabschiedete sie sich wieder. Am Nachmittag wurde Baerbock zum bundesweiten Wahlkampfabschluss ihrer Partei in Düsseldorf erwartet.
Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet wandte sich in einer Videobotschaft an Fridays for Future. Für die CDU sei klar, Deutschland müsse beim Klimaschutz schneller und besser werden. Das Ziel sei, weltweit so schnell wie möglich Klimaneutralität zu erreichen. Dies sei eine Aufgabe, die nur global gelöst werden könne.
Lehrerverband mahnt Schulpflicht an
Vom Deutschen Lehrerverband kam Kritik am Unterrichtsausfall wegen des Klimastreiks. Die Schulpflicht dürfe nicht zugunsten politischer Aktionen aufgehoben werden, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland". Andernfalls werde die politische Neutralität des Staates verletzt, der für den Schulbetrieb verantwortlich sei.
"Die Schule darf nicht zwischen 'guten' erlaubten und 'schlechten' unerlaubten Aktionen unterscheiden." Sonst stelle sich auch bei einer Demonstration gegen den Welthunger, gegen "Überfremdung" oder für die Befreiung Palästinas die Frage, ob man schulfrei nehmen dürfe, Meidinger.
Die Bewegung Fridays for Future gründete sich vor mehr als zwei Jahren. Nach dem Vorbild der Schwedin Thunberg wurden weltweite Schulstreiks ins Leben gerufen, um darauf hinzuweisen, dass die Zeit knapp wird, irreversible Schäden durch die Erhitzung des Planeten zu verhindern. Im September 2019 zogen die Klimademonstrationen riesige Menschenmengen auf der ganzen Welt an, darunter nach Angaben der Organisatoren 1,4 Millionen Demonstrierende allein in Deutschland.
cw/gri (afp, dpa, epd)