Seattle: Lesen in der Dunstabzugshaube
13. November 2003Eine mehrstöckige Dunstabzugshaube im Netzhemd: Sieht so eine Bibliothek aus?! Nie und nimmer, sagen die einen. In Seattle auf jeden Fall, sagen die anderen. Das sind die, die das öde Beton-Einerlei von "Downtown Seattle" satt haben. Das schief-schräge Gebäude hat fünf Ebenen, eine kantige Glasfassade und eine Metallhaut. Ein Wabennetz aus Kupferrohren hält die Konstruktion zusammen. Sein Bauwerk sei "prophylaktisch erdbebengeschädigt", sagte der niederländische Architekt Rem Koolhaas 1999 augenzwinkernd bei der Präsentation des Modells.
Das Gebäude steckt voller neckischer Details: Die Kinderabteilung im Erdgeschoss hat einen schrägen Boden und eine Rutsche zum Reinkommen. Auf der "Wohnzimmer"-Etage lässt sich gut stöbern, im Café gut plaudern. Eine traditionelle Ausleihe und eine Lesesaal-Etage gibt es auch. Dort sind die meisten Bücher untergebracht, der Rest wird über's Haus verteilt und steht im Keller. In erster Linie soll es ein Gebäude für die Menschen werden, nicht für die Bücher. Kostenpunkt: 156 Millionen Dollar. 2004 ist Eröffnung. Wer nicht bis an die amerikanische Westküste reisen will, kann die Bibliothek en miniature in Berlin begutachten.