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Seit einem Jahr auf Talfahrt – Großbritanniens Premierminister Gordon Brown

Ruth Rach27. Juni 2008

Nach gutem Start in sein neues Amt reihte sich für Gordon Brown eine Krise an die andere. Dass er sein erstes Dienstjubiläum groß feiern wird, glaubt daher in Großbritannien keiner.

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Gordon Brown kratzt sich nachdenklich an der Wange
Premierminister Gordon Brown traf nicht immer die glücklichsten EntscheidungenBild: AP

Gordon Brown hat es gerade noch geschafft. Bei der jüngsten Unterhausabstimmung über eine Verschärfung der Anti-Terrorgesetze konnte sich der Labour-Premierminister ganz knapp durchsetzen. Viele sprechen von einem Pyrrhussieg, denn Browns Gefolgsleute verweigerten ihm die Mehrheit. Er gewann nur deshalb, weil ihn die rechtslastigen nordirischen Unionisten unterstützten. Ein durch und durch glückloser Premier, sagen Beobachter. Innerhalb eines Jahres habe Gordon Brown sein politisches Kapital verspielt. "Gordon Brown ist wie eine Marke, die einfach nicht mehr ankommt", sagt Nick Sparrow vom Marktforschungsinstitut ICM. "Es gibt Politiker, die schwierige Zeiten überstehen und sich wieder erholen." Aber angesichts der jüngsten Umfragen könne man sich nur sehr schwer vorstellen, wie Gordon Brown politisch überleben solle.

Rede von Tony Blair, im Hintergrund sitzt Gordon Brown
Brown steht immer noch im Schatten seines Vorgängers Tony BlairBild: AP

Niemand hatte damit gerechnet, dass es mit Gordon Brown so schnell bergab gehen würde. Kurz nachdem er im Juni 2007 zum Premierminister berufen wurde, stiegen die Umfragewerte für Labour auf 40 %. Heute sind sie auf 25 % gefallen. Noch vor einem Jahr hatte Gordon Brown mit seiner Wirtschaftskompetenz gepunktet. Er galt als solide, umsichtig, eben kein Showman wie Vorgänger Tony Blair. Inzwischen steckt die Wirtschaft in der Krise, Gordon Brown ist mit dem Spitznamen "Gordon Clown" bedacht worden und wird in Satiresendungen verunglimpft.

"Gordon Brown hat die Bedürftigsten verraten"

Und dabei hatte alles so gut begonnen. Gordon Brown steuerte das Land durch die versuchten Terroranschläge in Glasgow und London, die Maul- und Klauenseuche, die Flutkatastrophe. Schon war die Rede von vorgezogenen Neuwahlen, um Gordon Brown auch direkt, per Stimmzettel zu legitimieren. Aber dann der entscheidende Fehler: Gordon Brown zauderte. Zwei Monate lang. Die Wahlen fanden nicht statt. Und Browns Gegner hatten seine vermeintliche Achillesferse entdeckt. Brown mochte ein starker Schatzkanzler gewesen sein, aber als Premier sei er schwach, ängstlich und ohne klare Linie.

Kunden stehen Schlange vor einer Filiale von Northern Rock
Kunden stehen Schlange vor einer Filiale von Northern RockBild: picture-alliance/ dpa

Es folgten Spendenaffären, Datenverluste, administrative Pannen. Die Pechphase wollte nicht abreißen. Dann kamen der Kollaps der Bausparkasse Northern Rock, die Finanz- und Schuldenkrise, der Zusammenbruch des Immobilienmarktes. Und von allen Seiten der Vorwurf: Brown habe zu guten Zeiten nichts zurückgelegt. "Gordon Brown hat den Bezug zur Bevölkerung verloren, schlimmer noch, er hat die Bedürftigsten verraten", klagt Nick Clegg, Chef der Liberaldemokraten, und spielt damit auf ein weiteres von Brown verursachtes Fiasko an: die Abschaffung des Steuermindestsatzes für Niedrigverdiener hatte zu einer Rebellion in den eigenen Reihen geführt und den Premier zu einem demütigenden Rückzieher gezwungen.

"Regierung trägt Schuld an schlechter Wirtschaft"

Bei den Kommunalwahlen im Mai bekam New Labour die Quittung: das schlechteste Ergebnis seit 40 Jahren. Und nun auch noch die Ölkrise. "Auch wenn globale Ursachen eine Rolle spielen", sagt Browns Landsmännin Nicola Sturgeon von der Schottischen Nationalpartei, so sei die britische Bevölkerung dennoch zu Recht verärgert, weil die Regierung so unvorbereitet in die Situation hingeschlittert sei. "New Labour hat maximal zwei Jahre Zeit bis zu den nächsten Parlamentswahlen. Aber selbst ein neuer Premier würde die Partei nicht unbedingt retten", prophezeit Nick Sparrow vom Marktforschungsinstitut ICM: "Es ist eine Binsenweisheit – aber letztendlich dreht sich alles um die Wirtschaft. Und wenn die Wirtschaft nicht mehr läuft, gibt man unweigerlich der Regierung die Schuld."