Somalis von kenianischer Polizei misshandelt?
2. Juni 2015Kenia habe eine lange Geschichte von Diskriminierung gegen Somalia - so kommentiert Leslie Lefkow den jüngsten Skandal des Landes. Ihre Organisation Human Rights Watch habe immer wieder dokumentiert, dass Somalier von kenianischen Sicherheitskräften "routinemäßig" erniedrigt und geschlagen werden.
Nun haben Unbekannte mehrere Fotos in sozialen Netzwerken veröffentlicht, die Misshandlungen von Somalis im Nordosten des Landes zeigen - und haben damit eine Welle der Empörung ausgelöst.
Auf den Bildern sieht man, wie kenianische Polizisten eine Gruppe von offensichtlich aus Somalia stammenden jungen Männern brutal misshandeln. Die Gefangenen liegen gefesselt auf dem Boden, Männer schlagen mit Stangen und Peitschen auf sie ein. Bei den Gefolterten handelt es sich nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen um Somalier, die illegal über die Grenze ins kenianische Garissa eingereist waren, um zu arbeiten. .
Somalis unter Generalverdacht: "Ihr seid alle Terroristen!"
Laut HRW-Afrikaexpertin Leslie Lefkow seien derartig brutale Polizeiübergriffe eine Reaktion auf die blutigen Anschläge, mit denen die islamistische Al-Shabaab-Miliz Kenia überzieht, seitdem kenianische Truppen 2011 in das Nachbarland einmarschiert sind. Noch im April hatten vier Terroristen das Universitätsgelände der Stadt Garissa im Osten Kenias angegriffen und mindestens 148 Menschen getötet. Andere somalische Gruppen werden oft als Unterstützer der Terrorgruppe Al-Shabab und des Extremismus eingestuft.
Leslie Lefkow: "Wir beobachten, dass diese feindliche Haltung der kenianischen Sicherheitskräfte in den vergangenen Jahren angewachsen ist. Ausdruck davon ist auch die Aufforderung der kenianischen Regierung, das größte Flüchtlingslager zu schließen und hunderttausende somalische Flüchtlinge nach Somalia abzuschieben."
Kenia will somalische Flüchtlinge ausweisen
Die Rede ist vom weltgrößten Flüchtlingslager Dadaab im Osten des Landes. Dort leben mehr als 350.000 Menschen aus dem benachbarten Somalia.
Der aus Äthiopien stammende Journalist Kabaata Boru ist selbst vor zehn Jahren nach Kenia geflüchtet und hat eine Zeit lang in dem Flüchtlingslager gelebt. Heute wohnt er in Nairobi. Als Äthiopier sei er in Kenia nur selten mit Polizeiübergriffen konfrontiert worden. Das sei bei den Somalis leider ganz anders. Die Lage der somalischen Flüchtlinge habe sich zunehmend verschlechtert, sagt Boru im DW-Interview.
"Die somalischen Flüchtlinge sind ja selbst Opfer des al-Shabaab-Terrorismus. Sie haben ihre Heimat verlassen, sind auf der Flucht vor den Extremisten von Al-Shabaab und vor der Einführung der extremen Sharia-Gesetze in Somalia." In Kenia würden sie genauso wie die anderen Bevölkerungsgruppen Opfer der Anschläge der Terroristen. "Die Regierung muss endlich lernen, zu unterscheiden, wer ein Flüchtling und wer vielleicht ein Terrorist ist."
Nairobi: Neid auf Somalis und Angst vor Terror
In letzter Zeit führte die kenianische Polizei immer wieder sogenannte "Antiterroraktionen" durch - vor allem in Gebieten, die mehrheitlich von somalischen Einwanderern und Flüchtlingen bewohnt werden. Zum Beispiel in Eastleigh, einem wirtschaftlich sehr dynamischen Stadtteil Nairobis mit Geschäften, die vor allem von Somalis betrieben werden. Diese Antiterroraktionen wurden auch von brutalen Übergriffen der Polizei begleitet. Kabaata Boru meint, dass nicht selten der Neid vieler Kenianer auf die erfolgreichen somalischen Geschäftsleute ein Rolle spiele: Er selbst sei im vergangenen Jahr Zeuge einer solchen Polizeiaktion in Eastleigh geworden: "Es gab Misshandlungen, und Zerstörungen von Läden. Frauen wurden in besonders grausamer Weise misshandelt. Viele Somalis sahen sich gezwungen, Nairobi zu verlassen. Das war sehr schlimm."
Folterfotos bei Facebook gepostet und wieder gelöscht
Kenianische und internationale Menschenrechtsaktivisten fordern nun eine lückenlose Aufklärung dessen, was auf den nun veröffentlichten Fotos zu sehen ist. Falls die Anschuldigungen zutreffen, sollen die Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen werden. Die Fotos wurden mittlerweile von den meisten Seiten wieder gelöscht. Sie waren unter anderem auf der Facebook-Seite von Michael Orita plaziert worden,einem hochrangigen Polizeibeamten in der Garissa.
Die Pressestelle der kenianischen Polizei in Nairobi wollte sich gegenüber der DW zu dem Vorgang nicht äußern. Laut Pressemitteilung habe sie die Ermittlungen aufgenommen. Der Polizist Michael Orita schrieb auf eine Anfrage der DW hin, er dürfe sich leider nicht zu den Ereignissen äußern.