Stimmung gut, Aufträge schlecht
8. April 2015Die deutsche Industrie hat im Februar den zweiten Monat in Folge überraschend weniger Aufträge erhalten. Die Bestellungen sanken um 0,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch (08.04.2015) nach vorläufigen Berechnungen mit. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten hingegen mit einem Plus von 1,5 Prozent gerechnet.
Die Aufträge aus dem Inland blieben im Februar auf dem Niveau des Vormonats, während die Aufträge aus dem Ausland um 1,6 Prozent niedriger ausfielen. Die Bestellungen aus der Eurozone lagen um 2,1 Prozent und der Auftragseingang aus dem restlichen Ausland um 1,3 Prozent niedriger als im Vormonat.
Schwacher Start ins neue Jahr
Bereits im Januar hatte es ein Minus von 2,6 Prozent gegenüber dem Dezember gegeben. In beiden Monaten ließ das Neugeschäft vor allem wegen mangelnder Großaufträge nach. Das Bundeswirtschaftsministerium sprach von einem schwachen Start ins Jahr, betonte aber, dass die Grundtendenz in der Industriekonjunktur insgesamt moderat aufwärtsgerichtet bleiben dürfte.
"Die Auftragseingänge halten derzeit mit der Stimmungsaufhellung der Unternehmen nicht Schritt", sagt Andreas Scheuerle von der DekaBank zu den neuesten Zahlen aus Wiesbaden. Im ersten Quartal sei es in der Weltwirtschaft nicht rund gelaufen: "Aus den meisten Regionen, von den USA über Brasilien bis nach Japan, werden schwache Konjunkturdaten gemeldet. Entsprechend zeigen sich auch die Auslandsbestellungen schwach."
Keine Konjunktur für Investitionsgüter
Das liege zum Teil auch daran, so Scheuerle weiter, dass die klassischen deutschen Exportgüter - zum Beispiel Maschinen oder Chemie-Erzeugnisse - derzeit im Vergleich zu Konsumgütern nicht mehr so stark nachgefragt würden: "Nach einem durch den Konsum starken ersten Quartal wird die deutsche Konjunktur erst einmal einen Gang zurückschalten."
Ulrike Kastens vom Bankhaus Sal. Oppenheim hatte nach den schwachen Zahlen im Januar mit einer Gegenbewegung im Februar gerechnet. "Insgesamt sind die Daten enttäuschend, denn es gibt kaum Lichtblicke." Auch die Auftragseingänge aus den Staaten außerhalb der Europäischen Währungsunion hätten sich nicht belebt, obwohl der schwache Euro deutsche Exportprodukte verbilligt.
"Die anhaltende Verbesserung der Stimmungsindikatoren lässt aber darauf schließen, dass die Durststrecke in den kommenden Monaten vorbeigehen wird", glaubt Kastens. "Da jedoch das Wachstum auf unseren Hauptabsatzmärkten in der Tendenz schwächer ausfallen wird als in der Vergangenheit, rechnen wir zwar mit einer Belebung, die aber nicht die Dynamik der vergangenen Aufschwungphasen haben wird."
wen/hmf (dpa, rtr, destatis)