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Südsudan: Vermittler können Waffenstillstand nicht durchsetzen

Hilke Fischer12. November 2014

Wenn für den Südsudan Waffenstillstandsabkommen ausgehandelt werden, dann folgen vollmundige Versprechen - und wenig später neue Kämpfe. Jetzt wollen die Vermittler Stärke zeigen.

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Soldaten im Südsudan Foto: Ivan Lieman/AFP/Getty Images
Bild: Getty Images

Gerade einmal 48 Stunden hielt die jüngste Waffenruhe im Südsudan, dann brachen im ölreichen Norden des Landes schon wieder Kämpfe aus. 24 Rebellen und fünf Regierungssoldaten seien bei einem Gefecht am Montag (10.11.2014) getötet worden, heißt es vom Sprecher des Militärs. Bestätigen lässt sich diese Zahl nicht. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, den Angriff gestartet zu haben.

Erst am Samstag (08.11.2014) hatten Südsudans Präsident Salva Kiir und Rebellenführer Riek Machar in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. "Von dieser Stunde an bleiben die Soldaten in ihren Kasernen. Sie kämpfen nur noch, wenn sie sich selbst verteidigen müssen", so Kiir. Machar hatte betont, dass für seine Kämpfer dasselbe gelte. "Wir wollen nicht, dass nach diesem Friedensprozess noch ein einziger Soldat oder ein einziger Zivilist stirbt", so Machar.

Drohungen eines zahnlosen Tigers

Vor elf Monaten war in dem jüngsten Staat der Welt ein Bürgerkrieg ausgebrochen, nachdem Präsident Kiir seinen ehemaligen Stellvertreter Machar einen Putschversuch vorgeworfen hatte. Der Konflikt, der sich entlang ethnischer Linien abspielt, hat bereits zehntausenden Menschen das Leben gekostet. Zwei Millionen Südsudanesen sind aus ihren Dörfern geflohen, das Land steht am Rande einer Hungersnot.

Ein zum Flüchlingslager umfunktionierter Friedhof in Juba Foto: epd-bild/Daniel Maissan
Ein zum Flüchlingslager umfunktionierter Friedhof in Juba. Mehr als zwei Millionen Menschen sind auf der FluchtBild: Imago/Daniel Maissan

Die Regionalorganisation IGAD versucht seit Beginn des Konflikts zu vermitteln. Ihr gehören die ostafrikanischen Länder Äthiopien, Dschibuti, Kenia, Somalia, Sudan, Südsudan und Uganda an. Auch die bisherigen Waffenstillstandabkommen waren mit der Unterstützung der IGAD ausgehandelt worden. Alle wurden umgehend gebrochen, ohne dass das Folgen für die Bürgerkriegsparteien gehabt hätte. Bei dem jüngsten Abkommen dagegen drohte die IGAD: Wird es gebrochen, werde die Organisation Sanktionen verhängen, etwa Gelder einfrieren, Reiseverbote aussprechen und ein Waffenembargo verhängen.

Nun steht die IGAD unter Zugzwang. "Die IGAD muss jetzt Stärke zeigen", sagt Andrews Atta-Asamoah vom südafrikanischen Institut für Sicherheitsstudien (ISS) im DW-Interview. "Es ist höchste Zeit, dass die Organisation über Gespräche und Vermittlungsversuche hinausgeht, dass sie sich klar positioniert und für die Zivilbevölkerung einsetzt."

Peter Schumann, der ehemalige politische Direktor der UN-Mission im Sudan, bezweifelt gegenüber der DW die Schlagkraft der Organisation. Er ist selbst vor kurzem im Südsudan gewesen und hat mit den Vermittlern gesprochen. "Die Frage, die mir keiner beantworten konnte, war: Hat die IGAD tatsächlich die Autorität und die Instrumente, Sanktionen zu verhängen und zu implementieren?"

Mehr als ein Konflikt zwischen zwei Machtmenschen

Die Waffenstillstandsabkommen würden unter massivem internationalem Druck gezimmert, so Schumann. Und sie hielten in der Regel nur so lange, wie ein Machtgleichgewicht zwischen den Konfliktparteien bestehe. Außerdem sei es zu kurz gegriffen, nur den Präsidenten und seinen Konkurrenten an den Verhandlungstisch zu holen. Rund 20 verschiedene bewaffnete Gruppen sind im Südsudan aktiv. Auch ISS-Experte Atta-Asamoah ist skeptisch: "Es gibt viele Splittergruppen. Selbst wenn die Schlüsselfiguren in Addis Abeba eine Einigung erzielt haben - die Umsetzung ist sehr schwierig, weil sie keine Kontrolle über ihre Kämpfer in den Regionen haben."

Riek Machar und Salva Kiir Foto: ASHRAF SHAZLY/AFP/Getty Images
Allein am Verhandlungstisch: Riek Machar (l.) und Salva Kiir (r.)Bild: Ashraf Shalzy/AFP/Getty Images

Die internationale Gemeinschaft hält zunächst noch an ihrem Plan fest, den Konflikt politisch zu lösen: 15 Tage hat die IGAD Kiir und Machar eingeräumt, um sich nach dem Waffenstillstandsabkommen auf eine Einheitsregierung zu einigen. Im Kern steht fest: Kiir soll Präsident bleiben, Machar Premierminister werden. Doch wie weitreichend seine Kompetenzen sein sollen - darüber wird noch immer gestritten.

Neben Kontosperrungen, Reiseverboten und einem Waffenembargo drohte die IGAD inzwischen aber auch mit einem militärischen Eingreifen, sollte die Gewalt kein Ende finden: "Wir werden direkt intervenieren, um Leben zu retten", sagte Chefvermittler Seyoum Mesfin. "Wir werden alle nötigen Maßnahmen ergreifen, damit die Vereinbarung umgesetzt wird, und wir werden alle nötige Unterstützung leisten."