Hunger im Südsudan trotz Überschüssen in Uganda
22. August 2014Roy Juma ist Lebensmittelhändler und ein guter Geschäftsmann. Gerade verhandelt er den Preis einer Kiste Mangos. Karotten, Tomaten, Bananen, Mangos - auf dem Zentralmarkt in Ugandas Hauptstadt Kampala findet er alles im Überfluss. Die Bauern ernten so viel, dass sie die krisengeschüttelten Nachbarländer wie Kongo oder Südsudan mitversorgen können. Und genau dorthin liefert Juma. Vor allem in Kriegszeiten, wenn Versorgungskrisen herrschen, ist das ein einträgliches Geschäft. Denn wo gekämpft wird, bricht die Landwirtschaft zusammen, weil die Leute sich nicht sicher genug fühlen, ihre Felder zu bewirtschaften.
Derzeit warnen die UN vor einer schweren Hungerkatastrophe im Südsudan. Seitdem dort im Dezember 2013 ein Bürgerkrieg ausbrach, werden in dem Land kaum noch Lebensmittel produziert. Ein Großteil der Bevölkerung ist auf der Flucht. Das Welternährungsprogramm (WFP) fliegt jetzt tonnenweise Nahrung ein. Der Großteil davon kommt aus Übersee. Gleichzeitig quellen die Märkte direkt an der Grenze im Nachbarland Uganda über, die Getreidespeicher hier sind voll. Traditionell haben schon immer Ugandas Händler Lebensmittel in den Südsudan transportiert - auch in Kriegszeiten zuvor. Doch jetzt ist diese Handelskette zusammengebrochen.
Lieferungen ins Kriegsgebiet hätten ihren Preis, erkärt Juma: "Wenn im Südsudan Leute verhungern, dann nicht in der Hauptstadt Juba. Dorthin liefere ich noch. Aber ich verkaufe dort nicht zum selben Preis wie hier, sondern zu einem höheren Preis. Ein Kollege liefert dann weiter nach etwa Bor, knapp 200 Kilometer entfernt. Doch ein Lastwagen dorthin kostet 1500 US-Dollar pro Tag - und das für einen Zwei-Tonnen-Lieferwagen. Was muss also deine Lieferung dort für einen Preis haben, damit Du am Ende noch Gewinn machst?", fragt der Händler rhetorisch.
Jetzt streiken die Händler
Das Risiko ist hoch - und damit die Preise ebenso wie die Gewinnspanne der Händler und Bauern in Uganda. Bereits während des 20-jährigen Bürgerkrieges zwischen Nord- und Südsudan kam jede Tomate, jedes Ei, jede Zwiebel dort aus Uganda. Doch jetzt streiken viele ugandische Händler, erklärt Issa Sekitto, Sprecher des Händlerverbandes.
Vorräte gebe es auch dieses Jahr wieder genug, bestätigt Sekitto. Doch bereits bevor der Bürgerkrieg im Südsudan ausbrach, gab es Streit mit der südsudanesischen Regierung. Die habe Lebensmittel für ihre Armee bestellt, aber nicht bezahlt, so der Händlersprecher. 40 Millionen US-Dollar stünden noch aus. Solange dieser Schuldenberg nicht abgetragen sei, wollten die Händler streiken, erklärt deren Sprecher.
Um ihre ausstehenden Forderungen durchzusetzen, seien die Händler sogar bereit, die Grenze zu blockieren und UN-Transporte anzugreifen, droht Sekitto. "Worum die dort im Südsudan jetzt auch immer kämpfen, sie müssen uns bezahlen."
Großer logistischer Aufwand für Hilfsorganisationen
Der Streit um die Schulden ist allerdings nur einer der Gründe für die Lebensmittelkrise derzeit im Südsudan. Eine weitere Ursache ist, dass viele Straßen im Südsudan aufgrund der Regenzeit unpassierbar sind. Das halbe Land ist ein Sumpfgebiet. Selbst wenn Ugandas Händler weiter lieferten, könnten sie nicht alle Regionen erreichen. Das WFP bringt Lebensmittel mit Transportflugzeugen zu Bedürftigen in abgelegene Städte. Das sei teuer und sehr aufwendig, erklärt Lydia Wamala, die Sprecherin der UN-Organisation.
Die Nahrungslieferungen des WFP kommen aus Übersee in Containern am kenianischen Hafen Mombasa an. Von dort aus würden die Lkw durch Uganda in den Südsudan fahren, so Wamala. "Doch unsere größte Herausforderung ist das fehlende Geld. Wir haben nicht einmal die Hälfte von dem, was wir benötigen." Außer den Bedürftigen im Südsudan versorgt das WFP auch Flüchtlinge in Uganda. Jeden Tag fliehen mehr Südsudansen in das Nachbarland. Bis zum Jahresende rechnen die UN laut Wamala mit 150.000 Südsudanesen in Uganda. Derzeit sind es schon 116.000.
Insgesamt halten sich in Uganda aktuell mehr als 300.000 Flüchtlinge vor allem aus dem Kongo und dem Südsudan auf. Das sind so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr, als im Nachbarland Ruanda 1994 der Völkermord wütete. Sie alle zu versorgen, ist eine Herausforderung. Doch die Region ist fruchtbar genug, dass niemand Hunger leiden muss - solange Frieden herrscht.