Türkisch-iranischer Pakt gegen Kurden?
4. Oktober 2017Das schiitische Mullah-Regime im Iran und das überwiegend sunnitische NATO-Mitglied Türkei haben traditionell ein eher kühles Verhältnis. Allerdings sind beide Staaten alarmiert über das Unabhängigkeitsvotum der Kurden im Nordirak vom 25. September, da auch sie kurdische Minderheiten im Land haben.
"Wir und unsere Brüder in der Türkei können der Anker der Stabilität in der Region werden", verkündete der iranische Präsident Hassan Rohani. Es gehe angesichts der Bürgerkriege um die Erhaltung der Einheit Syriens und des Irak - und jetzt zusätzlich darum, die kurdischen Separatisten zu stoppen, erklärte Rohani gemeinsam mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Teheran.
"Die Kurden in Nordirak sind unsere Brüder und wir wollen sie nicht unter Druck setzen", versicherte der iranische Präsident. Er schob vor der Presse aber sofort hinterher: "Teheran und Ankara haben auch strategische Interessen, die sie umsetzen müssen." Daher würden beide Länder Änderungen der irakischen Grenzen niemals zulassen.
Schulterschluss gegen die PKK
Rohani versprach Erdogan, auch die Türkei im Kampf gegen kurdische Rebellen zu unterstützen. "Der Kampf gegen den Terrorismus wird weitergehen, egal ob nun gegen den Islamischen Staat oder gegen die PKK", sagte der iranische Staatschef mit Blick auf die Kurdische Arbeiterpartei.
Auch Erdogan bezeichnete das Unabhängigkeitsreferendum der Kurden als illegal. Das Referendum werde bezeichnenderweise nur von Israel anerkannt. Erneut drohte er "verschärfte Maßnahmen" an, ohne Details zu nennen. Während der Iran auf Bitten Bagdads seine Grenze schloss, denkt die Türkei an eine Blockade der kurdischen Ölexporte.
Kontakt der Oberkommandeure
Am Montag war der türkische Generalstabschef Hulusi Akar zu Gesprächen in die iranische Hauptstadt gereist. Der Iran und die Türkei stehen zwar im Syrien-Konflikt auf entgegengesetzten Seiten, doch näherten sich die beiden Länder zuletzt an. Bereits Mitte August war der iranische Generalstabschef Mohammed Bagheri nach Ankara geflogen.
Zur Gefahr einer kriegerischen Eskalation nach dem Kurden-Referendum gibt es widersprüchliche Einschätzungen. So meinte Kamran Matin, Experte für internationale Politik an der University of Sussex gegenüber der DW: "Falls die irakische Regierung gegen die kurdische Autonomie militärisch vorgehen will, braucht sie die Unterstützung der Amerikaner. Das hat sie aus dem Kampf gegen den Islamischen Staat gelernt". Erdogan profitiere von seinen Drohungen "eher innenpolitisch". Auch eine militärische Intervention von Seiten des Iran sei "unwahrscheinlich", weil sie "eine Konfrontation mit den USA bedeutet", so Matin.
Nur begrenztes Bündnis?
Bora Bayraktar, außerordentlicher Professor der Istanbuler Kültür University (IKÜ), sieht ungeachtet aller strategischen Differenzen zwischen der Türkei und dem Iran an den Fronten in Syrien den Kurden-Konflikt als neue, gemeinsame Herausforderung. Man werde zunächst versuchen, Druck auf den kurdischen Präsidenten Massud Barsani auszuüben und eher von außen operieren, sagte Bayraktar der DW. Das Misstrauen zwischen Ankara und Teheran sei aber groß.
Für Erdogan stand in Teheran anschließend noch ein Treffen mit Irans geistlichem Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei auf dem Programm. Begleitet wurde er von mehrere Ministern. Bei den Gesprächen in Teheran wurde auch vereinbart, die iranischen Gasexporte in die Türkei auszuweiten und künftig den Handel in den Landeswährungen abzuwickeln. Das Handelsvolumen soll mittelfristig verdreifacht werden.
SC/fab (afpe, rtr, APE, DW)