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Tausende Nordafrikaner kommen nach Europa

13. Februar 2011

Der Umbruch in Nordafrika erreicht Europa: Tausende Bootsflüchtlinge sind inzwischen in Lampedusa gelandet, Italiens Regierung bereitet schon ihre Abschiebung vor. Doch Menschenrechtler mahnen die EU zur Hilfe.

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Boote mit Flüchtlingen an der Küste von Lampedusa (Foto: dpa)
"Unaufhörlich kommen weitere Schiffe an"Bild: picture alliance/dpa

In der Nacht zum Sonntag (13.02.2011) trafen erneut knapp 1000 Bootsflüchtlinge aus Nordafrika auf der italienischen Insel Lampedusa ein. Insgesamt haben damit in den vergangenen Tagen inzwischen rund 5000 Migranten ihre Heimatländer verlassen. Den Behörden zufolge stammen die meisten aus Tunesien. Der Chef der italienischen Küstenwache vor Ort sprach von einer "schwierigen Situation", unaufhörlich kämen weitere Schiffe an.

Die meisten Flüchtlinge wurden von den Behörden am Hafen und in Einrichtungen des einzigen Ortes der Insel versammelt, um so schnell wie möglich in Aufnahmelager auf Sizilien und in andere Regionen des Landes gebracht zu werden. Am Vortag war hierzu eine Luftbrücke eingerichtet worden. In einer Sondersitzung hatte die italienische Regierung am Samstag den humanitären Notstand ausgerufen.

Rom lehnte bisher eine Wiedereröffnung des betriebsbereiten Flüchtlingslagers auf Lampedusa ab. Die Lager der Insel südlich von Sizilien waren geschlossen worden, nachdem wegen der umstrittenen Flüchtlingspolitik der italienischen Regierung kaum noch Menschen dort eintrafen. Zuvor waren von Juli 2008 bis Juli 2009 mehr als 20.000 Bootsflüchtlinge dort angekommen. Man wolle mit einer Wiedereröffnung die Flüchtlinge "nicht zusätzlich ermutigen", argumentierte Innenminister Roberto Maroni von der Lega Nord.

Menschenrechtler kritisieren Italien

Flüchtlinge aus Afrika (foto: dpa)
"Die Menschen sehen keine Perspektiven mehr"Bild: AP

Maroni schüre Angst vor den Bootsflüchtlingen, kritisiert "Pro Asyl" in einer Erklärung. Die Menschenrechtsorganisation wirft Italien vor, in der Vergangenheit "ohne Rücksicht auf die Menschenrechtssituation in Tunesien Flüchtlingsabwehr" betrieben zu haben. Die aktuelle Praxis Roms solle nun von der EU-Kommission untersucht werden.

"Care" verwies auf die soziale Situation in den Ländern Nordafrikas. Die Menschen sähen inmitten ihrer Armut und Arbeitslosigkeit keine Perspektiven, sagte Thomas Schwarz von der Hilfsorganisation im Interview mit DW-WORLD.DE. Die internationale Gemeinschaft dürfe sich deshalb nicht wie bisher weiter abschotten. Stattdessen müsse der Westen beweisen, "dass ihm um die Entwicklung der Länder Arabiens und des Nahen Ostens geht und nicht ausschließlich um ihren eigenen Schutz". Dass Italien von aktueller Terrorgefahr spreche, bezeichnete Schwarz als Beginn einer "künstlichen Debatte".

Italien warnt vor Terroristen

Italien Innenminister Roberto Maroni (Foto: AP)
Italien Innenminister Roberto MaroniBild: AP

Innenminister Maroni hatte nämlich bereits am Freitag gesagt, es bestehe die große Gefahr, dass sich in den Wirren nach dem Volksaufstand in Tunesien Terroristen unter die Immigranten mischen könnten. Es gebe wegen der Krise dort keine Kontrollen mehr.

Die Regierung in Rom hatte angesichts einer steigenden Zahl von Bootsflüchtlingen aus Tunesien am Freitag die Europäische Union um Hilfe gebeten. Brüssel solle "umgehend" Einheiten der EU-Grenzschutzagentur Frontex nach Tunesien schicken und diese entlang der Küste patrouillieren lassen, hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums. Derweil scheint sich das Land selber helfen zu wollen: Am Sonntag kündigte Innenminister Maroni an, eigene Polizisten nach Tunesien entsenden zu wollen. Die Beamten sollten verhindern, dass sich weitere Flüchtlinge auf den Weg nach Europa machen.

Unterdessen meldete die amtliche tunesische Nachrichtenagentur TAP, dass ein Flüchtling starb, als ein mit zwölf Personen besetztes Boot vor der tunesischen Küste sank. Ein weiterer Flüchtling gelte als vermisst.

Autor: Michael Borgers (dpa, afp, dapd)

Redaktion: Annamaria Sigrist