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Keine baldigen Wahlen in Thailand

Cwienk, Jeannette Angela23. Mai 2014

Armeechef Prayuth will nach dem Putsch gegen die Regierung offenbar für längere Zeit die Macht in Thailand behalten. Neue Wahlen soll es erst nach wirtschaftlichen, sozialen und politischen Reformen geben.

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Armeechef Prayuth Chan-Ocha und Generäle sitzen an einem Tisch (Foto: imago)
Bild: imago

Das Militär als Interimsmachthaber – daraus wird in Thailand offenbar nichts. Stattdessen baut die Armee ihre Macht nach dem Militärputsch immer weiter aus. Armeechef Prayuth Chan Ocha erteilte baldigen Neuwahlen ein Absage. Zuerst müsse das Land Reformen durchlaufen, sagte er. Prayuth hatte sich an diesem Freitag selbst als neuer Machthaber an die Regierungsspitze des Landes gesetzt. Bereits am Donnerstag hatte die Armee die Macht in Thailand übernommen.

Vor Vertretern des Militärs sagte Prayuth, er sei dazu gezwungen gewesen, da die Politiker ihre Differenzen nicht hätten beilegen können. Es habe keinen anderen Weg gegeben, so der Armeechef. Nach einer Zuspitzung des Machtkampfs zwischen Anhängern und Gegnern der Shinawatra-Familie und zunehmender Gewalt habe das Militär die Ordnung wieder herstellen müssen. Thailands Regierungsangestellte rief der 60-Jährige dazu auf, bei der Neuorganisation des Landes mitzuhelfen. Die Zusammenkunft der Militärs wurde von einer vom Militär kontrollierten TV-Station übertragen.

Ex-Regierungschefs in Gewahrsam

Die Armee verhängte am Freitag gegen 155 Politiker und Aktivisten ein Ausreiseverbot. Nach Einschätzung von Experten will die Militärführung damit verhindern, dass im Ausland eine Exil-Regierung aufgebaut wird. Außerdem bestellte sie mehr als hundert führende Vertreter aus dem bisherigen Regierungslager und aus der Opposition ein, darunter Ex-Regierungschefin Yingluck Shinawatra, einflussreiche Verwandte und Minister ihres Kabinetts ebenso wie ihren Nachfolger, Übergangs-Regierungschef Niwattumrong Boonsongpaisan. Ein Armeesprecher sagte, Yingluck werde zunächst in Gewahrsam bleiben.

Das Auto der Ex-Regierungschefin fährt an Reportern und Kameras vorbei (Foto: rtr)
In Gewahrsam: Ex-Regierungschefin Yingluck Shinawatra fährt zu einem ArmeestützpunktBild: Reuters

In Gewahrsam verblieben auch die Protestführer, Suthep Thaugsuban, der den Regierungsgegnern vorsteht, und Jatuporn Prompan, welcher die Regierungsanhänger anführt. Einige seit Donnerstag internierte Politiker wurden hingegen freigelassen, darunter Oppositionsführer Abhisit Vejjajiva.

Die Militärmachthaber hatten direkt nach ihrem Putsch die Verfassung außer Kraft gesetzt, eine nächtliche Ausgangssperre verhängt und Versammlungen verboten. Schulen und Universitäten blieben am Freitag geschlossen. In der Hauptstadt Bangkok lief das Leben dennoch weitgehend normal, auch in den Urlaubsregionen blieb es ruhig. Die Protestcamps von Regierungstreuen und Regierungsgegnern waren schon am Vortag ohne Zwischenfälle aufgelöst worden. Einigen Rundfunksendern wurde es derweil wieder erlaubt, auf Sendung zu gehen - jedoch nur unter Auflagen.

Reisende sollen sich informieren

International war der Putsch breit verurteilt worden, auch durch die deutsche Bundesregierung. Das Auswärtige Amt mahnte die Armee erneut zur Zurückhaltung und forderte rasche Neuwahlen. Verfassungsmäßige Grundrechte wie die Pressefreiheit müssten gewahrt werden, sagte ein Sprecher. Eine akute Gefahr für deutsche Touristen sieht die Bundesregierung derzeit jedoch nicht. Thailand-Reisende sollten sich aber "über die Entwicklung informieren".

Soldaten stehen in Bangkok vor dem Militärhauptquartier (Foto: rtr)
Das Militärhauptquartier in Bangkok: In Thailand herrscht derzeit KriegsrechtBild: Reuters

In Thailand schwelt seit sieben Monaten eine politische Krise, die mit Kritik am Führungsstil von Ministerpräsidentin Yingluck begann. Yingluck ist die Schwester des 2006 von der Armee gestürzten Regierungschefs Thaksin Shinawatra und war kürzlich wegen Amtsmissbrauchs von der Justiz als Regierungschefin abgesetzt worden. Zuvor gab es eine Parlamentsauflösung, vorgezogene Neuwahlen, die später von der Justiz annulliert wurden, sowie 28 Tote und hunderte Verletzte bei Protesten.

cw/kle (dpa, afp, rtr, ap)