Türkei: Vorgezogene Parlamentswahlen sollen Krise beenden
3. Mai 2007Zur Beendigung der politischen Krise sollen am 22. Juli in der Türkei vorgezogene Parlamentswahlen abgehalten werden. Die Abgeordneten des türkischen Parlaments nahmen am Donnerstag einhellig einen entsprechenden Vorschlag des Verfassungsausschusses an. Das Datum liegt damit rund einen Monat später als der von der Regierungspartei ursprünglich beantragte Termin. Die Regierung hatte die Neuwahlen gefordert, nachdem das Verfassungsgericht die erste Runde der Präsidentenwahl vor einer Woche für ungültig erklärt hatte.
Umstrittener Präsidentschaftskandidat
Auslöser der innenpolitischen Unruhen in der Türkei war die erste Runde der Präsidentenwahlen. Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte versucht, bei der Wahl des Präsidenten durch das Parlament Außenminister Abdullah Gül durchzusetzen. Dieser war jedoch als einziger Kandidat im ersten Wahlgang knapp an der erforderlichen Zweidrittelmehrheit gescheitert. Die Opposition, die eine schleichende Islamisierung der Türkei fürchtet, boykottierte die Wahl und klagte vor dem Verfassungsgericht, weil zu wenige Abgeordnete anwesend gewesen seien. Die Richter gaben dem Antrag Opposition statt: es seien nur 361 Abgeordnete da gewesen, für eine gültige Wahl hätten es 367 sein müssen.
Sorge vor zunehmender Islamisierung
Ministerpräsident Erdogan setzt nun offenbar darauf, dass seine Partei bei den Wahlen erneut bestätigt wird. Das säkulare Lager und die Armee befürchten ebenso wie weite Teile der Bevölkerung eine zunehmende Islamisierung, falls ein AKP-Politiker den Posten des Staatspräsidenten bekommt. Vergangene Woche hatte die Militärführung ihre Sorge über eine Wahl Güls zum Ausdruck gebracht, was als indirekte Putschdrohung verstanden wurde. Am Sonntag (29.4.) demonstrierten Millionen Türken in Istanbul für die Trennung von Staat und Religion. Die Kurse an der Istanbuler Börse brachen am Montag in Folge der Krise ein. Beobachter gehen davon aus, Wahlen könnten die Machtverhältnisse stabilisieren und die Legitimität der Regierung stärken.
Fokus Ost-Südost, 3.5.2007