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Türkische Justiz nimmt HDP-Chef ins Visier

28. Dezember 2015

Die Türkei erhöht den Druck auf die Kurden. Die Justiz hat neue Ermittlungen gegen den Chef der pro-kurdischen Partei HDP, Demirtas, eingeleitet. Die Verhandlungen über eine neue Verfassung finden ohne die HDP statt.

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Türkei: Selahattin Demirtas, Chef der pro-kurdischen HDP (Archivbild: Getty Images/AFP/A. Altan)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Staatsanwaltschaft in Ankara hat neue Ermittlungen gegen den Co-Vorsitzenden der pro-kurdischen Partei HDP, Selahattin Demirtas (Archivbild), eingeleitet. Ihm werden verfassungsfeindliche Äußerungen über eine mögliche Selbstverwaltung der türkischen Kurdengebiete zur Last gelegt, wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Laut türkischen Medien beziehen sich die Vorwürfe auf eine Rede des Politikers.

Am Wochenende hatten Teilnehmer eines Treffens kurdischer Organisationen in Diyarbakir mehr Eigenständigkeit auf lokaler Ebene verlangt. Demirtas sagte, im kommenden Jahrhundert werde "Kurdistan eine Realität werden". Dabei könnte es sich auch um einen eigenständigen Staat handeln. "Das kurdische Volk wird selbst entscheiden, wie es dort leben will. Der Rest wird das akzeptieren."

Rivalität zwischen Regierung und HDP

Die Kurden müssten wählen, ob sie nach Autonomie streben oder "unter der Tyrannei eines Mannes" leben wollen, hatte Demirtas offenbar in Anspielung auf Staatschef Recep Tayyip Erdogan gesagt. Dieser hatte zuvor bekräftigt, die Türkei werde die Gründung eines weiteren Staats innerhalb ihrer Grenzen nicht dulden.

Der HDP-Chef gilt als wichtigster Rivale des Präsidenten. Kurz nachdem Präsident Recep Tayyib Erdogan ein hartes juristisches Vorgehen gegen HDP-Parlamentarier angekündigt hatte, waren im Juli gegen den 42-Jährigen bereits Ermittlungen wegen Störung der öffentlichen Ordnung und Anstachelung zur Gewalt eingeleitet worden.

HDP von Verhandlungen ausgeschlossen

Dabei geht es um Kurdenproteste im Oktober 2014, bei denen 35 Menschen getötet wurden, darunter zwei Polizisten. Die Kurden waren aus Wut darüber, dass die Regierung in Ankara den von der Dschihadistengruppe "Islamischer Staat" (IS) bedrängten Kurden in Syrien nicht militärisch zu Hilfe kommt, auf die Straße gegangen. Die beiden Ermittlungsstränge sollen nach Angaben von Anadolu nun in einem Verfahren gebündelt werden. Demirtas genießt als Parlamentsangehöriger Immunität. Er könnte jedoch schon jetzt verurteilt werden, wenn der Vollzug der Strafe aufgeschoben wird. In diesem Fall drohen ihm bis zu 24 Jahre Haft.

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu erklärt, wegen der "unangemessenen Äußerungen" werde die HDP von Verhandlungen über eine neue Verfassung für die Türkei ausgeschlossen. Details nannte er nicht. Die regierende AKP strebt einen Umbau der Verfassung hin zu einem Präsidialsystem an. Dazu würden nun Gespräche mit den anderen Oppositionsparteien gestartet, sagte Davutoglu.

Neu angefachter Konflikt

Die Spannungen zwischen der Türkei und der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK hatten sich nach dem Ende eines Waffenstillstands im Sommer verschärft. Mitte Dezember startete die türkische Armee im Südosten des Landes eine Großoffensive gegen die Kurdenrebellen. Nach türkischen Armeeangaben wurden seitdem mehr als 200 PKK-Kämpfer getötet. Von unabhängiger Seite konnten diese Zahlen nicht überprüft werden. Nach Aussage der HDP-Spitze wurde zudem am 23. November von Unbekannten auf Demirtas' Wagen geschossen.

pab/jj (afp, rtr)