1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteUkraine

Ukraine-Krieg: "Mittäterschaft" von Belarus angeprangert

9. August 2023

Polen und Balten nehmen den dritten Jahrestag der Wiederwahl von Staatschef Lukaschenko zum Anlass für heftige Kritik. Polen schickt 2000 weitere Soldaten an die Grenze zu Belarus. Nachrichten im Überblick.

https://p.dw.com/p/4UvlC
Treffen der Präsidenten von Belarus und Russland,  Alexander Lukaschenko und Wladimir Putin, im Mai 2022 im russischen Sotschi
Der Staatschef von Belarus, Alexander Lukaschenko (l.), gilt als treuer Diener von Kreml-Herrscher Wladimir Putin (Archivbild) Bild: Ramil Sitdikov/POOL/TASS/dpa/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Auch massive Unterdrückung in Belarus beklagt 
  • Polen verstärkt seinen Grenzschutz
  • Tote bei russischem Angriff auf Saporischschja
  • Heftige Explosion auf Fabrikgelände nahe Moskau
  • Erdogan beklagt fehlende Zusagen des Westens

 

Drei Jahre nach der als gefälscht geltenden Präsidentenwahl in Belarus haben die Baltenstaaten und Polen die "massive interne Repression" im Nachbarland und die "Mittäterschaft" der autoritären Führung in Minsk im Ukraine-Krieg verurteilt. In einer gemeinsamen Mitteilung sicherten die Außenminister der vier EU- und NATO-Staaten der Demokratiebewegung in Belarus ihre Solidarität und weitere Unterstützung zu. "Wir glauben an das demokratische, unabhängige und souveräne Belarus ebenso wie an den Sieg der Ukraine", heißt es in der Erklärung.

Bei der Wahl am 9. August 2020 hatte sich der autoritäre Machthaber Alexander Lukaschenko erneut zum Sieger der Wahl ausrufen lassen - und damit beispiellose Proteste in Belarus ausgelöst. Viele sehen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja als Siegerin des Urnengangs in der Ex-Sowjetrepublik - sie war nach der Wahl in das EU-Nachbarland Litauen geflüchtet. Dessen Staatspräsident Gitanas Nauseda sicherte Tichanowskaja und der Opposition, die am Abend eine Kundgebung in der Innenstadt in Vilnius veranstalten will, die anhaltende Unterstützung seines Landes zu.

Polen will Grenzschutz verstärken

Polen will die Bewachung seiner Grenze zu Belarus mit weiteren 2000 Soldaten verstärken. Diese würden in den kommenden zwei Wochen an der Grenze eintreffen, sagte Vize-Innenminister Maciej Wasik in Warschau. Polen ist ähnlich wie Litauen wegen der Aktivitäten russischer Wagner-Söldner in Belarus besorgt. Befürchtet werden Provokationen, seitdem die Privatarmee von Jewgeni Prigoschin nach einem gescheiterten Aufstand gegen Moskau in Belarus ihr Lager aufgeschlagen hat. Auch beschuldigt Warschau Belarus und Russland, weiter Grenzübertritte von Migranten in die EU zu fördern, um die Region zu destabilisieren.

Russischer Angriff auf Saporischschja

Bei einem russischen Angriff auf die ukrainische Stadt Saporischschja sind nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj mindestens drei Menschen getötet worden. Es habe "einen weiteren Angriff russischer Terroristen" gegeben, schrieb der ukrainische Staatschef im Online-Dienst Telegram. Nach Angaben der Verwaltung der südukrainischen Stadt ein Wohnquartier angegriffen.

Selenskyj veröffentlichte ein Video, auf dem eine teilweise zerstörte Kirche mit Flammen in ihrem Hof sowie aufsteigender Rauch zu sehen waren. Saporischschja ist eine äußerst wichtige Stadt am Fluss Dnipro, sie liegt gut 40 Kilometer von der aktuellen Front entfernt. Russland attackiert immer wieder Städte und Dörfer jenseits der Frontlinie, darunter auch immer wieder die Hauptstadt Kiew.

Drei Tote nach ukrainischem Beschuss der Stadt Donezk

Der von Russland eingesetzte Bürgermeister von Donezk, Alexei Kulemzin, beschuldigt die Ukraine, die Stadt Donezk bombardiert zu haben. Dabei seien am Dienstag drei Menschen getötet worden, schreibt Kulemzin in einem Social-Media-Beitrag. Zehn Menschen seien verletzt worden, darunter ein Kind. Zudem seien in mehreren Stadtbezirken einige Gebäude beschädigt worden, darunter eine Bushaltestelle, ein Krankenhaus, ein Geschäft und einige Wohngebäude.

Heftige Explosion auf Fabrikgelände nahe Moskau

Bei einer schweren Explosion in der Stadt Sergijew Possad rund 70 Kilometer nordöstlich von Moskau sind mindestens elf Menschen verletzt worden. Die Explosion habe sich aus zunächst ungeklärter Ursache auf einem Fabrikgelände ereignet, meldet die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass. Beobachter in sozialen Netzwerken vermuteten einen Drohnenangriff. Tass wiederum widersprach dieser Darstellung unter Berufung auf Rettungsdienste. Die betroffene Fabrik stellt optische Geräte her, Berichten zufolge auch für den militärischen Gebrauch. In sozialen Netzwerken wurden Fotos und Videos veröffentlicht, die eine große Rauchsäule am Himmel zeigen.

Russland Sergiyev Posad Explosion Fabrik Zagorsk Optics
Eine schwere Explosion erschüttert eine Fabrik in der Stadt Sergijew PossadBild: Valeria Kuznetsova/TASS/dpa/picture alliance

Zwei Kampfdrohnen über Moskau abgeschossen

Die russische Hauptstadt Moskau ist nach Angaben von Bürgermeister Sergej Sobjanin erneut Ziel eines versuchten feindlichen Drohnenangriffs geworden. "Beide Drohnen wurden von der Luftabwehr abgeschossen - eine in der Gegend von Domodedowo am südlichen Stadtrand, eine zweite nahe der Autobahn nach Minsk westlich der Hauptstadt", teilte Sobjanin in seinem Blog auf Telegram mit. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums gab es weder Verletzte noch Schäden. Das Ministerium machte das "Kiewer Regime" für die Attacken verantwortlich. Zuletzt war die russische Hauptstadt mit dem Wolkenkratzerviertel Moskwa City binnen drei Tagen zweimal mit Drohnen angegriffen worden. Mehrere Drohnen wurden nach russischen Angaben abgeschossen. Allerdings wurde auch die Fassade eines Glasturms getroffen.

Erdogan warnt vor Katastrophe für Schwarzmeer-Region

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat eine Wiederbelebung des Getreideabkommens mit der Ukraine von "den westlichen Ländern" abhängig gemacht, "die ihre Zusagen einhalten müssen". Dem Westen warf er vor, nicht die Maßnahmen ergriffen zu haben, "die es ermöglicht hätten, die durch die Schwarzmeer-Initiative geschaffene positive Atmosphäre in einen Waffenstillstand und dann in ein dauerhaftes Friedensabkommen umzuwandeln".

Die Haltung der Türkei sei "klar", sagte Erdogan bei einer Botschafter-Konferenz in der türkischen Hauptstadt. Sollte sich der Krieg auf das Schwarze Meer ausweiten, werde dies "eine Katastrophe für unsere Region" sein.

Ein somalischer Händler sortiert aus der Ukraine importierten Weizen auf dem Bakara-Markt in Mogadischu
Für das Ende des Getreidedeals mit Russland macht die Türkei auch den Westen verantwortlichBild: FEISAL OMAR/REUTERS

Eine "Lösung" könne aber gefunden werden, fügte der türkische Staatschef mit Blick auf ein kürzliches Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hinzu. In dem Telefongespräch mit dem Kreml-Chef habe Ankara vergangene Woche "die Forderungen Russlands zur Kenntnis genommen", sagte Erdogan, ohne jedoch weitere Details zu nennen. Russland fordert insbesondere die Aufhebung der mit den westlichen Sanktionen verbundenen Blockaden für die Ausfuhr seiner eigenen Agrarprodukte und Düngemittel. 

Deutsche Soldaten sollen länger in Polen bleiben

Das Bundesverteidigungsministerium will die Entsendung der in Polen stationierten deutschen Truppen mit Patriot-Systemen verlängern. Berlin habe Warschau angeboten, die "ursprünglich für maximal ein halbes Jahr geplante Stationierung von drei deutschen Patriot-Einsatzstaffeln über den Sommer hinaus" weiterzuführen, voraussichtlich bis zum Jahresende, erklärte das Ministerium.

Ein startendes Flugabwehrraketensystem Patriot
Das Patriot-System kann Flugzeuge, Marschflugkörper und Mittelstreckenraketen abwehrenBild: Daniel Ceng Shou-Yi/ZUMA/picture alliance

Seit Januar sind deutsche Truppen mit Patriot-Systemen in Zamosc im Einsatz. Die Stationierung soll zum Schutz des polnischen Luftraums beitragen und die NATO-Luftverteidigung an der Ostflanke stärken. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erklärte, mit dem Angebot trage Deutschland "dem Sicherheitsbedürfnis unserer polnischen Freunde Rechnung". "Wir sind als verlässlicher Partner weiter an Ihrer Seite." Bei seinem Besuch in Zamosc habe er "die enge Kooperation vor Ort zwischen den Streitkräften erlebt" und gesehen, wie das deutsch-polnische Verhältnis "an diesem gemeinsamen Vorhaben gewachsen" sei.

Verteidigungsminister Pistorius besucht Gebirgsjäger in Bischofswiesen
Verteidigungsminister Pistorius, hier bei einem Besuch in Bad Reichenhall Anfang AugustBild: Peter Kneffel/dpa/picture alliance

Pistorius war Anfang Juli nach Polen gereist. Zuvor hatte sein polnischer Kollege Mariusz Blaszczak den Wunsch bekräftigt, dass die deutschen Patriot-Systeme bis mindestens Ende des Jahres in Polen bleiben. 

Deutschland hatte die Patriot-Systeme angeboten, nachdem Mitte November im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine eine Rakete eingeschlagen war. Das Angebot führte zunächst zu Streit zwischen Berlin und Warschau: Warschau hatte angeregt, die angebotenen Patriot-Batterien an die Ukraine weiterzugeben. Die Bundesregierung lehnte dies ab. Am Ende einigten sich beide Seiten darauf, dass die Patriots doch in Polen stationiert und nicht an Kiew weitergegeben werden.

Rheinmetall will weitere Leopard-Panzer liefern

Der Rüstungskonzern Rheinmetall bereitet einem Medienbericht zufolge einen weiteren Export von Kampfpanzern in die Ukraine vor. Dazu habe das Unternehmen 50 Leopard-1-Panzer vom belgischen Unternehmen OIP Land Systems erworben, wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf Branchenkreise berichtet. Die Fahrzeuge sollen nun an den deutschen Standorten des Düsseldorfer Konzerns für den Einsatz in der Ukraine neu ausgerüstet werden. Letztlich werden von den 50 Kampfpanzern rund 30 Einheiten an die Ukraine geliefert werden können.

Ukrainische Soldaten arbeiten an der Panzerkanone eines Kampfpanzers vom Typ Leopard 1
Ukrainische Soldaten arbeiten an der Kanone eines Leopard 1-PanzersBild: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa/picture alliance

Der Kampfpanzer ist der Vorläufer des derzeit von der Bundeswehr eingesetzten Leopard 2, von dem bereits einige Dutzend Exemplare an die Ukraine exportiert wurden. Das Land ist auf die Waffenlieferungen aus dem Westen angewiesen, um den Angriff Russlands auf sein Territorium abwehren zu können. 

haz/rb/kle/nob (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.