US-Pipeline wieder intakt - trotzdem Spritmangel
14. Mai 2021Nach dem Cyberangriff auf die größte Benzin-Pipeline der USA ist es an der Ostküste des Landes erneut zu Panikkäufen und Engpässen an Tankstellen gekommen. Besonders schwer betroffen war die US-Hauptstadt Washington: Dort hatten am Donnerstagabend drei von vier Tankstellen keinen Sprit mehr, wie Patrick De Haan von der Marktanalysefirma Gasbuddy auf Twitter mitteilte.
Im Bundesstaat North Carolina waren demnach 69 Prozent der Tankstellen ohne Benzin. In South Carolina, Virginia und Georgia war rund jede zweite Zapfsäule außer Betrieb. Auch andere Bundesstaaten an der Ostküste litten unter Engpässen.
US-Präsident Joe Biden rief die Amerikaner dazu auf, nicht in «Panik» zu verfallen. "Kaufen Sie in den nächsten Tagen nicht mehr Benzin, als Sie brauchen", sagte er am Donnerstag im Weißen Haus. Die Versorgung werde sich bald wieder normalisieren. Schlangen an Tankstellen zu sehen, sei beängstigend, räumte der US-Präsident ein. Das Wichtigste sei nun aber, "nicht in Panik zu verfallen".
"Zeitlich begrenzte Lage"
Biden erklärte, die Pipeline solle bereits wieder mit voller Kapazität im Einsatz sein, woraufhin sich die Engpässe zum Wochenende oder spätestens Anfang nächste Woche auflösen dürften. Dies sei eine "zeitlich begrenzte Lage", betonte Biden.
Die Pipeline ist für die US-Versorgung von großer Bedeutung, sie transportiert etwa 45 Prozent aller an der Ostküste verbrauchten Kraftstoffe.
Erpresser hatten die Pipeline der Betreibergesellschaft Colonial vergangenen Freitag mit einem Hackerangriff lahmgelegt. Der Betrieb der Pipeline kam komplett zum Erliegen, was in Teilen des Landes Benzin-Engpässe verursachte. Der private Betreiber der Pipeline hatte den Betrieb am Mittwoch schrittweise wieder aufgenommen.
Die Spur führt nach Russland
Präsident Biden sagte am Donnerstag, es gebe starke Anhaltspunkte dafür, dass der Angriff seinen Ursprung in Russland gehabt habe. Die US-Regierung gehe aber nicht davon aus, dass der Kreml involviert gewesen sei.
Viele Hintergründe des Cyberangriffs sind weiterhin unklar. So ist etwa unbekannt, wie viel Geld die Hackergruppe Darkside, die als verantwortlich für die Attacke gilt, von Colonial erpressen wollte. Das Unternehmen hielt sich bislang auch bedeckt dazu, ob überhaupt Lösegeld gezahlt wurde.
Ein globales Problem
Aus anderen Ländern wurden am Freitag ebenfalls Cyber-Attacken gemeldet. So hat Irlands öffentlicher Gesundheitsdienst HSE wegen eines Cyberangriffs sein gesamtes Computer-System abgeschaltet. "Es gibt einen bedeutenden Ransomware-Angriff auf die IT-Systeme von HSE", erklärte die Behörde am Freitag auf Twitter. Vorsorglich seien alle Systeme heruntergefahren worden. Die Attacke ähnelt dem Cyberangriff auf die US-Pipeline Colonial Pipeline vor einer Woche.
Bei der Cyberattacke wurde nach ersten Erkenntnissen ähnliche Ransomware wie bei dem Hackerangriff auf die größte Pipeline in den USA vor einer Woche verwendet
Ebenfalls in Europa ist der japanische Technologiekonzern Toshiba Corp Opfer eines erpresserischen Hackerangriffs geworden. Toshiba Tec, ein Hersteller von Zahlungssystemen und Kopierern, sei Anfang Mai von "Darkside" gehackt worden, erklärte die Frankreich-Vertretung des Unternehmens am Freitag. Wie die Vertretung in Frankreich weiter erklärte, ging nur eine minimale Menge an Arbeitsdaten verloren. Die Europa-Zentrale von Toshiba Tec in Neuss war für eine Anfrage nicht erreichbar.
dk/hb (dpa, afp, rtr)