USA suchen Annäherung an Modi
23. Februar 2014Laut Meinungsumfragen hat die hindu-nationalistische BJP mit ihrem Spitzenkandidaten Narendra Modi sehr gute Chancen, die Parlamentswahlen im Mai in Indien zu gewinnen. Modi steht seit über einem Jahrzehnt an der Spitze des wirtschaftlich boomenden Bundesstaates Gujarat.
Für Alka Acharya, Professorin für Asienwissenschaften in Neu Delhi, sind Modis Chancen, der Kongresspartei das Amt des Ministerpräsidenten abzunehmen, in den vergangenen Monaten kontinuierlich gestiegen: "Modi wird immer stärker und stärker. Menschen, die politische Führung suchen, bietet er Stärke und Sicherheit. Er ist weit und breit ohne Alternative." Dies habe sehr viel mit der Schwäche der Regierung von Manmohan Singh zu tun, die seit Jahren von Korruptionsaffären geplagt ist. Zunehmend, so die Meinungsumfragen, sehnen sich die indischen Wähler nach einer entschlossenen Führung, die den Reformstau im Lande überwindet.
Modis Rolle beim Pogrom von 2002
Auf dem strahlenden Bild des erfolgreichen Politikers liegt aber ein dunkler Schatten, der auch die Beziehungen zu den USA berührt. Dort wurde Modi 2005 zur "unerwünschten Person" erklärt. Der Grund: Seine Rolle bei den anti-muslimischen Pogromen im Frühjahr 2002 in Gujarat. Damals starben nach offiziellen Angaben 790 Muslime und 254 Hindus, man geht aber von über 1.000 getöteten Muslimen aus. Über 18.000 Wohnungen von Muslimen wurden zerstört, 200.000 Muslime zu Binnenflüchtlingen. Ausgelöst wurde die Gewalt durch den Tod von 59 Hindu-Pilgern, die ums Leben kamen, nachdem ihr Zug in Brand geraten war. Unbestätigte Berichte, die damals veröffentlicht wurden, machten Muslime für das Feuer im Zug verantwortlich. Die genaue Ursache des Brandes ist bis heute ungeklärt.
Modi sah sich nach den Unruhen mit schwersten Vorwürfen von Menschenrechtsgruppen in Indien sowie aus den USA und Europa konfrontiert. Es hieß, er habe bewusst nichts unternommen und die Gewalt stillschweigend geduldet. Eine offizielle Untersuchung der Unruhen durch das Oberste Gericht Indiens stellte fest, dass es keine Beweise gegen Modi gab. Ein Mitglied seines Kabinetts wurde wegen Aufstachelung zu rassistischen Übergriffen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Modi selbst hat die Vorwürfe stets bestritten.
USA haben Beziehungen zu Indien im Blick
Dass Modi in den USA als "unerwünschte Person" gilt, war so lange kein Problem, als es sich nur um den Chef eines indischen Bundesstaates handelte. Jetzt aber sieht es so aus, als könnte er der nächste Ministerpräsident Indiens werden. Deshalb wurde die US-Botschafterin in Neu Delhi beauftragt, mit Narendra Modi ein erstes Sondierungsgespräch zu führen. Politikprofessor CSR Murthy aus Neu Delhi glaubt, dass die USA pragmatisch vorgehen: "Ich denke, die USA wollen auf Nummer sicher gehen. Sie wollen ihre wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zur künftigen indischen Regierung nicht beschädigen."
Alka Acharya stimmt dieser Einschätzung zu: "Die USA können den möglichen nächsten Ministerpräsidenten Indiens nicht wie einen Unberührbaren behandeln. Deshalb wird das Gespräch mit Modi der erste Schritt sein. Die Vereinigten Staaten haben zwar gesagt, dass ihre Haltung gegenüber Modi sich nicht ändern wird, aber das Treffen hat klar das Ziel, den Status Modis als 'persona non grata' zu beseitigen."
Heikler Balanceakt
Modi hat durch seine Erfolge im Bundesland Gujarat auch zu einer Neubewertung seiner Person vieles beigetragen. Er gilt inzwischen im Westen als ein Politiker, der Wirtschaftsreformen und eine weitere Liberalisierung im Lande forcieren wird. Mit anderen Worten: Diesen Mann kann man nicht ignorieren. Europäische Länder einschließlich Deutschlands haben ihre Beziehungen zu Modi bereits in aller Stille normalisiert. Dennoch könnte es bei Besuchen Modis zu Schwierigkeiten kommen, meint CSR Murthy: "Diejenigen, die Opfer der Unruhen waren und jetzt in westlichen Ländern leben, könnten Anzeige erstatten. Die Regierungen müssten dann reagieren und das Visum für Modi verweigern."
Nach ihrem Gespräch mit Modi in dessen Amtssitz in Gandhinagar versucht Botschafterin Nancy Powell die Bedeutung des Gesprächs herunterzuspielen. In einer Erklärung der Botschaft hieß es lediglich, das Treffen sei "Teil der Bemühungen der US-Botschaft, mit führenden Politikern der wichtigsten indischen Parteien vor den Wahlen ins Gespräch zu kommen".