Van der Bellen: Stabilität nach Ibiza-Affäre
21. Mai 2019Alle bis auf Eine: Fast alle Minister der Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) müssen als Reaktion auf die sogenannte Ibiza-Affäre ihre Posten aufgeben. Einzig Außenministerin Karin Kneissl, die parteilos ist, aber von der FPÖ ernannt worden war, soll im Amt bleiben. Das hat der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mitgeteilt. Er hat damit den Ersuchen des Bundeskanzlers und der FPÖ-Minister stattgegeben.
Vertrauen wieder herstellen
Van der Bellen teilte außerdem mit, dass er Bundeskanzler Kurz beauftragt habe, die frei gewordenen Regierungsposten mit Experten und Spitzenbeamten zu besetzen. Kurz erklärte, er werde bis zum Abend Vorschläge machen. Beide betonten, die Experten müssten Personen sein, die "über alle Parteigrenzen hinweg anerkannt und integer" seien. Van der Bellen sagte, er werde jeden einzelnen Vorschlag persönlich prüfen. Details oder Namen, wer die Experten sein könnten, wurden nicht genannt. Die Übergangsregierung solle bis zur Neuwahl im Herbst im Amt bleiben.
Der konservative Regierungschef Kurz betonte, es gehe jetzt vor allem um Stabilität und eine funktionierende Verwaltung und das gehe "am besten mit einer handlungsfähigen Regierung". Es müsse zudem eine "vollkommen unabhängige und transparente Aufklärung aller im Raum stehenden Vorwürfe" erfolgen.
Auslöser für die Staatskrise in Österreich ist ein heimlich auf Ibiza aufgenommene Video, in dem der am Wochenende zurückgetretene FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache einer vermeintlichen russischen Millionärin Regierungsaufträge als Gegenleistung für Wahlkampfhilfen in Aussicht stellt.
Potenzial zum Kanzlersturz
Die Entscheidung des Bundespräsidenten bedeutet auch, dass der Innenminister des Landes, Herbert Kickl von der FPÖ, offiziell sein Amt aufgeben muss. Darum hatte Kurz Van der Bellen gebeten. Kickl war zur Zeit der Videoaufnahmen im Juli 2017 FPÖ-Generalsekretär
Bundeskanzler Kurz steht weiterhin unter Druck: Er muss mit einem Misstrauensantrag im Parlament rechnen, den Peter Pilz von der oppositionellen Liste "Jetzt" einbringen will. Pilz hofft dabei auch auf die Unterstützung der aufgebrachten FPÖ. Das Misstrauensvotum soll bereits am kommenden Montag stattfinden. Das legte Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka entsprechend fest.
Kickl zeigte sich offen dafür: "Der Hausverstand sagt einem, dass es relativ schwer ist, von jemandem das Vertrauen zu verlangen, dem man gerade das Misstrauen ausgesprochen hat." Unklar ist, ob auch die SPÖ einem Misstrauensantrag zustimmen würde.