Wahlmanipulation
11. April 2008In den lange Zeit vor sich hindümpelnden italienischen Wahlkampf ist auf der Zielgeraden vor dem Urnengang am Sonntag (13.4.2008) und Montag doch noch etwas Schwung gekommen. Kaum hatte Silvio Berlusconi, der Spitzenkandidat der italienischen Rechten, mit seiner Forderung nach psychiatrischen Tests für seiner Meinung nach "links verseuchte" Staatsanwälte das Wahlvolk aufgescheucht, sorgten am Freitag Ermittlungen wegen des Verdachts auf Wahlbetrug unter Auslandsitalienern für Aufregung.
Es geht um einen weder mit dem Namen noch mit der Parteizugehörigkeit genannten sizilianischen Senator, der sich um 50.000 gefälschte Stimmen von Auslandsitalienern vor allem aus Lateinamerika bemüht haben soll. Wie die Turiner Zeitung "La Stampa" am Freitag berichtete, soll der Kandidat einen zur Mafia gehörenden Geschäftsmann kontaktiert und für die illegale Stimmen-Beschaffung 200.000 Euro aus der Kasse seiner Partei geboten haben.
Informationen über "schwere Wahlmanipulationen"
Der zuständige Staatsanwalt von Reggio Calabria, Francesco Scuderi, wollte sich zu dem Bericht erst nach den Parlamentswahlen näher äußern. "Kaum zwei Tage vor der Wahl ist das jetzt ein höchst delikater Zeitpunkt", erklärte Scuderi am Freitag. Mehr wolle er jetzt nicht sagen. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits in der vergangenen Woche Innenminister Giuliano Amato in Rom über die "möglichen schweren Wahlmanipulationen" informiert.
Die gut drei Millionen wahlberechtigten Auslandsitaliener gaben ihre Stimmen bereits ab, die Wahlzettel werden in Rom ausgewertet. Insgesamt bestimmen die im Ausland lebenden Italiener zwölf Abgeordnete und sechs Senatoren. Die Parlamentswahl war nach dem Bruch des Mitte-Links-Bündnisses von Regierungschef Romano Prodi im Januar vorgezogen worden.
Berlusconi vorne
Für den Abend war ein letzter Auftritt der beiden Spitzenkandidaten vorgesehen. Der als Favorit gesetzte mehrfache frühere Ministerpräsident und Multimilliardär Berlusconi lehnte allerdings erneut ein Fernsehduell mit dem ehemaligen römischen Bürgermeister Walter Veltroni ab. Beide Politiker sollten deshalb nacheinander in der Politiksendung "Matrix" zu sehen sein.
Der 71-jährige Berlusconi, Italiens reichster Mann und Herrscher über ein in ganz Europa einmaliges Medienimperium, kandidiert für die Wahlallianz Volk der Freiheit (Popolo della libertà, PdL). Ihr gehört außer seiner Forza Italia die postfaschistische Nationale Allianz (AN) seines früheren Außenministers Gianfranco Fini an. Den letzten zugelassenen Umfragen vom 28. März zufolge lag das Bündnis bei 45 Prozent der Stimmen und damit etwa sieben Prozentpunkte vor Veltronis Demokratischer Partei.
Bessere Chancen für die Linke im Senat
Vor allem in der Abgeordnetenkammer wird der PdL ein deutlicher Sieg vorhergesagt – nicht zuletzt aufgrund der von Berlusconi in seiner Zeit als Regierungschef Ende 2005 durchgesetzten Regelung, wonach das stärkste Parteienbündnis automatisch mindestens 340 der insgesamt 630 Abgeordneten stellt – selbst bei nur einer Stimme Vorsprung.
Im Senat könnte es für die mit der rechtspopulistischen Lega Nord verbündete Wahlliste Volk der Freiheit dagegen eng werden. Hier wird der Mehrheitsbonus nicht national, sondern regional vergeben. Die christdemokratische UDC und die Regenbogenlinke, die in den Umfragen auf jeweils rund sieben Prozent kommen, könnten hier eine ausschlaggebende Rolle spielen. (rri)