1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Optimismus trotz Pannen

Adrian Kriesch/Jan-Philipp Scholz29. März 2015

Trotz einzelner Anschläge und technischer Probleme verlief die Präsidentenwahl in den meisten Landesteilen friedlich. Adrian Kriesch und Jan-Philipp Scholz haben den EU-Chefbeobachter begleitet.

https://p.dw.com/p/1EzI0
Finder auf Registrierungsscanner (Foto: DW/Uwaisu A. Idris)
Nicht immer funktionierte der Registrierungsscanner einwandfreiBild: DW/Uwaisu A. Idris

Santiago Fisas Ayxelà ist gut gelaunt, als er am Samstagmorgen ein Gymnasium in Nigerias Hauptstadt Abuja besucht. Schulunterricht findet an der Model Secondary School nicht statt. Es ist Wahltag in Nigeria, und der spanische EU-Abgeordnete ist als Chef-Wahlbeobachter angereist. "Ich bin hier, um zu schauen, ob alles bereit für die Wahlen ist", sagt er. "Und ob alles pünktlich verläuft". Ayxelà zwinkert mit den Augen, denn schon am Morgen zeichnet sich ab, dass der Zeitplan nicht eingehalten wird.

Ayxelà schaut mit gerunzelter Stirn Samson Offor über die Schulter. Der junge Wahlhelfer scannt mit einem Gerät die Fingerabdrücke der Wähler, um die Identität festzustellen. "Verification failed" – "Bestätigung fehlgeschlagen", sagt das Gerät immer wieder, Überprüfung fehlgeschlagen. "Manchmal liegt der Finger nicht richtig auf und wir müssen es mehrfach versuchen", sagt Offor. "Aber irgendwann funktioniert es." Die Schlange vor seinem Tisch wird immer länger. "Ich kann nicht den ganzen Tag hier verbringen", beschwert sich eine junge Frau. Doch die Mehrheit der Leute nimmt es gelassen, sie haben sich auf lange Wartezeiten eingestellt. Am Vormittag müssen sie sich registrieren, am Nachmittag und Abend erst können sie dann ihren Stimmzettel abgegeben. Selbst bei Präsident Goodluck Jonathan konnte das Gerät erst nach 20 Minuten den Fingerabdruck lesen.

Wahlbeobachter und Wahlhelfer (Foto: DW/Kriesch/Scholz)
Ein Team: Wahlbeobachter Ayxelà und Wahlhelfer OfforBild: DW/Scholz/Kriesch

Keine EU-Wahlbeobachter im Nord-Osten

"Es ist natürlich alles ziemlich kompliziert und es kommt auch zu Verzögerungen, aber nach meinen Beobachtungen funktioniert das System insgesamt gut", sagt Ayxelà gegenüber der DW. Sein Team von 90 Wahlbeobachtern sei im ganzen Land verteilt - nur im Nord-Osten Nigerias, dem Kerngebiet der Terrorgruppe Boko Haram, sei aus Sicherheitsgründen niemand. Viele Beobachter hatten das im Vorfeld kritisiert, weil sich dadurch das Risiko von Wahlmanipulationen vergrößern könnte.

Obwohl die Wahl aus Angst vor Terroranschlägen der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stattfindet, soll die Miliz laut Bewohnern und einem Wahlhelfer in den Dörfern Birin Bolawa und Birin Fulani im nordöstlichen Bundesstaat Gombe zwei Anschläge verübt haben. Dabei sollen bis zu 40 Menschen getötet worden sein.

Mit einer starken Polizeipräsenz sollen nicht nur Terroranschläge abgewehrt, sondern auch Ausschreitungen zwischen den politischen Lagern verhindert werden. Bei der vorangegangenen Wahl im Jahr 2011 waren bei Zusammenstößen Schätzungen zufolge bis zu 1000 Menschen ums Leben gekommen.

Kopf an Kopf-Rennen zwischen Jonathan und Buhari

Knapp 70 Millionen registrierte Wahlberechtigte waren zu der Abstimmung in dem westafrikanischen Land aufgerufen. Es zeichnet sich ein knappes Rennen zwischen dem Amtsinhaber Goodluck Jonathan und dem Oppositionsführer Muhammadu Buhari ab. Beobachter räumen dem 72 Jahre alten, früheren Militärdiktator gute Chancen auf einen Wahlsieg ein. Sollte der 57 Jahre alte Jonathan tatsächlich unterliegen, wäre es der erste Wahlsieg der Opposition seit Nigerias Rückkehr zur Demokratie 1999. Doch Nigerias Armee konnte in den letzten Wochen nach jahrelanger Erfolglosigkeit zahlreiche Siege gegen die Boko Haram-Terroristen erzielen, was wiederum dem Präsidenten in die Karten spielt.

Um die Präsidentenwahl für sich zu entscheiden, muss ein Kandidat neben einer Stimmenmehrheit auch mindestens 25 Prozent der Stimmen in zwei Dritteln der 36 Bundesstaaten des Landes gewinnen. Sollte keiner der Kandidaten die nötige Mehrheit erreichen, wäre in zwei Wochen eine Stichwahl fällig. Bislang ist so ein Fall noch nie eingetreten.

"Ich bewundere die Geduld der Menschen"

Am Nachmittag verlässt Chef-Wahlbeobachter Santiago Fisas Ayxelà die Hauptstadt Abuja und fährt mit seinem Team in den benachbarten Bundesstaat Nasarawa. Im kleinen Ort Karu warten bereits hunderte Menschen in der Hitze darauf, ihre Stimme endlich abgeben zu können. Um 13 Uhr sollte die Stimmabgabe beginnen, erst drei Stunden später darf die erste Wählerin ihren Zettel in die Box einwerfen. "Ich bewundere die Geduld der Menschen hier", sagt Ayxelà. An zahlreichen Orten im Land, erklärt er, müsse wegen der Verzögerungen kurzfristig noch am Sonntag weitergewählt werden.

In Karu verlassen die ersten Wähler mit einem Lächeln im Gesicht die Wahlurne. "Natürlich haben wir geduldig gewartet", sagt ein strahlender junger Mann. "Ich bin Bürger, und ich weiß, wie wichtig meine Stimme ist." Er gehe nun nach Hause und warte auf das Wahlergebnis, dass am Montag veröffentlicht werden soll. Für den Wahlbeobachter Ayxelà ist die Arbeit noch lange nicht vorbei. Seine größte Hoffnung: dass die zahlreichen Beobachter, die nach der Bekanntgabe der Ergebnisse Gewaltausbrüche befürchten, falsch liegen.