Was bei einem TikTok-Bann in den USA für Nutzer wichtig ist
16. Januar 2025Am 19. Januar läuft ein von der US-Regierung gestelltes Ultimatum aus. Bis dahin muss der chinesische Konzern Bytedance seinen amerikanischen Ableger von TikTok verkaufen, sonst wird er aus den App-Stores in den USA verbannt und der Zugang über den Browser deutlich erschwert.
Grund für den Schritt ist der Vorwurf der US-Regierung, der chinesische Mutterkonzern Bytedance könne der Kommunistischen Partei Chinas einen Zugriff auf sensible Nutzerdaten ermöglichen. Außerdem könne China Propaganda und Desinformation über den Algorithmus ausspielen - auch, ohne dass die User solche Inhalte aktiv anwählten. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück.
Der designierte Präsident Donald Trump hat sich bereits gegen ein Verbot ausgesprochen und an den Supreme Court appelliert, das Gesetz auszusetzen. Laut einem Bericht der Zeitung "Washington Post" überlegt Trump, der App per Dekret einen Aufschub von zwei bis drei Monaten zu gewähren, bis das Verbot durchgesetzt wird. Er wird am 20. Januar, einen Tag nachdem das Ultimatum abläuft, zum US-Präsidenten vereidigt. Doch ob und wie Trump das entsprechende Gesetz rückgängig machen kann, ist ungewiss. Immerhin hatten auch die Republikaner seinerzeit dafür gestimmt.
Rund ein Dutzend andere Länder blockieren die App bereits, darunter Indien, der Iran und Afghanistan. Die USA wären jedoch die erste westliche Demokratie, die TikTok sperrt. Doch was würde ein Verbot für die rund 170 Millionen User in den USA bedeuten?
Was könnte am 19. Januar passieren?
Sollte das Verbot tatsächlich am 19. Januar in Kraft treten, hätte dies zunächst vor allem Auswirkungen auf potentielle Neukunden. Denn die App könnte dann vermutlich nicht mehr heruntergeladen werden, Apple und Google müssten die App aus ihren Stores entfernen. Eine bereits installierte TikTok-App könnte sich eventuell auch nach dem 19. Januar noch öffnen lassen. Software- und Sicherheits-Updates wären dann aber nicht mehr möglich und die App dürfte nach einer Weile unbrauchbar werden.
Ohnehin könne es aber gefährlich sein, die App so lange wie technisch möglichen weiter laufen zu lassen, erklärte Eva Galperin, Direktorin für Cybersicherheit bei der US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation Electronic Frontier Foundation, im TV-Sender CNN. "Es besteht die Möglichkeit, dass Schwachstellen in der App bekannt werden und Hacker diese Schwachstellen ausnutzen."
Was geschieht mit den User-Daten?
Noch ist nicht klar, was mit den Nutzerdaten nach einem Verbot in den USA genau passieren wird. Laut Forbes werden sie möglicherweise nach China verschoben. Dies geschah laut dem Magazin zumindest mit den Daten indischer Nutzer, nachdem Indien TikTok im Jahr 2020 verboten hatte.
Die New York Times rät Nutzern deshalb dazu, sich auf TikTok ähnlich vorsichtig zu verhalten wie auf anderen Social Media-Plattformen - und der App nicht zu erlauben, auf den Standort und die Kontakte zurückzugreifen.
Wie können Inhalte gesichert werden?
Viele Nutzer und vor allem auch Creator, die TikTok als Plattform für ihre Berufstätigkeit genutzt haben, wollen ihre Videos speichern, bevor sie eventuell für immer verschwinden. Die Videos können sowohl auf dem Handy als auch in der Desktop-Version gesichert werden.
Bei der Desktop-Version können Videos auf die Festplatte heruntergeladen werden, in der App kann man sie über die "share"- und anschließend die "save video"-Funktion archivieren, sofern der User, der das Video gepostet hat, dies zulässt.
Mit VPN weiter TikTok nutzen?
Einige User hoffen, mithilfe von VPN-Servern TikTok auch innerhalb der USA weiter nutzen zu können. Eine VPN-Verbindung ist ein verschlüsselter Datenkanal, über die sich der eigene mit einem anderen Computer oder Netzwerk sicher verbinden lässt. Mit VPN-Verbindungen lassen sich auch mobile Endgeräte in öffentlichen Netzwerken vor unbefugtem Zugriff schützen. Entsprechende Programme sind einfach herunterzuladen und zu installieren. Viele Anti-Viren- und Firewall-Dienste bieten mittlerweile ebenfalls VPN-Verbindungen an.
Computer und Handys lassen damit aber auch mit VPN-Servern im Ausland verbinden. Auf diese Weise lässt sich quasi ein beliebiger Standort vortäuschen, also auch ein Land, in dem TikTok verfügbar ist. Die Methode ist in Ländern wie der Türkei oder dem Iran bereits seit Jahren gängig, um Sperrungen von Instagram und Co. zu umgehen, aber auch um auf im eigenen Land gesperrte Websites zu gelangen.
Welche Alternativen gibt es zu TikTok?
Besonders eine App geht derzeit als mögliche, wenn auch vermutlich nur kurzfristige TikTok-Alternative durch die Decke: Lemon8. Die App, die bereits seit 2020 existiert, wird seit Wochen immer beliebter. Ähnlich wie TikTok bietet auch sie die Möglichkeit, Bilder und Videos zu posten, zu liken, zu teilen und zu kommentieren.
Für TikTok-User ist sie besonders praktisch, denn sie können die gleichen Login-Daten wie bei TikTok verwenden. Aber hier liegt auch die Krux: Denn Lemon8 gehört genau wie Tiktok zum chinesischen Mutterkonzern Bytedance - und könnte damit ebenfalls ins Visier der US-Regierung geraten.
Andere User empfehlen dagegen, Alternativplattformen wie Instagram Reels, Snapchat Spotlight oder Youtube Shorts zu nutzen, die mit ihrem Video-Feed TikTok stark ähneln. Die dazu gehörigen Unternehmen Meta, Snap und Alphabet werden dadurch vermutlich stark an Marktanteilen gewinnen.
Welche Folgen hätte ein Verbot für Nutzer außerhalb der USA?
Das ist noch schwer abzuschätzen. Mit dem Wegfall von Millionen Nutzern würden der Plattform massive Einnahmen fehlen - und die Weiterentwicklung der App könnte möglicherweise geschwächt werden. Auch die Inhalte könnten sich durch die fehlenden Trends und Memes aus den USA verändern.
Auch die EU hat TikTok im Visier, wenn auch aus anderen Gründen. Es geht vor allem um Jugendschutz, Werbetransparenz und, spätestes seit der Wahl in Rumänien 2024, auch um mögliche Wahlmanipulation. Albanien hat die App für ein Jahr gesperrt, weil die Regierung sie für zunehmende Jugendgewalt verantwortlich macht. Ein Verbot in den USA könnte jedoch Signalwirkung haben und dazu führen, dass die Plattform noch schärfer beobachtet und reguliert wird.
Ein Hoffnungsschimmer für TikTok-User
Selbst wenn das Verbot in Kraft tritt, muss es nicht von Dauer sein. Der chinesische Konzern Bytedance hätte immer noch die Möglichkeit, die Plattform an einen nicht-chinesischen Eigentümer zu verkaufen und so den Zugang für amerikanische Nutzer wiederherzustellen.
Ein potentieller Käufer ist eine Investoren-Gruppe, die der US-Milliardär Frank McCourt gegründet hat. Das Konsortium gab bekannt, dass es Bytedance ein formelles Angebot für den Erwerb der US-Vermögenswerte von TikTok gemacht habe, obwohl das chinesische Unternehmen erklärt hat, dass die App nicht zum Verkauf steht.