Was würde eine Wiederwahl von Trump für Afrika bedeuten?
31. Januar 2024Fragt man die Menschen auf der Straße, fällt das Urteil über den Wunschsieger bei der US-Wahl 2024 gemischt aus. Abigail Grift hat keine Zweifel, sie lehnt eine mögliche zweite Regierung von Donald Trump entschieden ab: "Präsident Joe Biden ist die bessere Wahl für dieses Amt", sagt die ghanaische Studentin in Accra zur DW.
Als Begründung nennt Grift verschiedene Anschuldigungen und Gerichtsverfahren gegen Trump sowie die beiden Amtsenthebungsfahren 2019/20 und 2021, die für ihn doch mit einem Freispruch endeten. Ein Vorwurf lautete Machtmissbrauch; 2021 hatte Trump versucht, die friedliche Übergabe der Macht an Joe Biden mit Aufrufen zu Krawallen am Kapitol in Washington zu beeinflussen. "Daher wäre sein Comeback keine gute Nachricht für die USA, auch nicht für Afrika", meint Grift.
Samuel Ofoso dagegen wäre froh, wenn Donald Trump nach seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 erneut im November zum Präsidenten gewählt würde. "Wegen seiner Vision für Afrika", sagt er zur DW. Der amtierende Präsident Joe Biden treibt seiner Meinung nach "nur die LGBTQ-Agenda" voran. Gemeint ist der Ansatz der USA, in der wirtschaftlichen und Entwicklungszusammenarbeit Rechte für Menschen stärken zu wollen, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, transgender oder queer identifizieren. "Das sehe ich nicht als etwas Gutes für Afrika", sagt Ofoso.
Sorge vor möglicher Rückkehr von Trump
Der ghanaische Analyst Etse Sikanku jedoch warnt vor einer politischen Rückkehr Trumps. Er ist leitender Dozent an der Universität für Medien, Kunst und Kommunikation (UniMAC) in Ghana. "Afrika sollte über die mögliche Rückkehr von Donald Trump ins Präsidentenamt besorgt sein."
Vor allem wegen der grundlegenden Ideologie, die im Zentrum von Donald Trumps Politik stehe, sagt Sikanku. "Denn es handelt sich um jemanden, der in jeder Hinsicht an Isolationismus, an Abschottung glaubt. Er schaut mehr nach innen", sagt er zur DW. Biden sei globaler, er stehe stärker für Kooperation und Partnerschaft.
Trump stehe nicht für internationale Zusammenarbeit mit Afrika. "Er begegnet dem Kontinent nicht mit Respekt, untergräbt demokratische Ideale und hat Afrika ein Drecksloch genannt, was soll man da erwarten?", kritisiert Sikanku. 2018 hatte Trump unter anderem afrikanische Länder vulgär als "shithole countries" bezeichnet und sich gegen Einwanderung aus solchen Ländern ausgesprochen. Im Gegensatz zu seinen vier Vorgängern besuchte Trump den Kontinent während seiner Präsidentschaft kein einziges Mal.
Rückzug nach innen
Sikanku prognostiziert unter Trump den Rückzug der USA aus internationalen Angelegenheiten. Der Analyst Priyal Singh vom Institut für Sicherheitsstudien in Pretoria teilt diese Einschätzung. Im Falle von Trumps Wahlsiegs drohe ein Rückfall in eine frühere Periode der US-Außenpolitik und die Schwächung des globalen multilateralen Systems, schlicht der Kooperation, sagt Singh.
"Das wäre für viele afrikanische Länder nicht von Nutzen, die unverhältnismäßig stark auf das Funktionieren eben dieses Systems angewiesen sind", sagt er zur DW. In Trumps erster Amtszeit sei deutlich geworden, dass die USA ihre Unterstützung für globale Institutionen, auch die Vereinten Nationen (UN), zurückgefahren haben, fügt Singh hinzu.
Geostrategische Interessen
Für den südafrikanischen Analysten Daniel Silke dagegen liegt das Augenmerk auf der langfristigen Geostrategie. Die Biden-Regierung bemühe sich, in Teilen des Kontinents zu investieren und die diplomatischen Verbindungen in Afrika zu stärken. Dies wird sich nach Silkes Einschätzung fortsetzen, egal ob es Biden oder Trump sein wird, der regiert.
Trotz der "America First"-Rhetorik von Trump verlange die Welt Taten von den USA. Die wachsende Macht von China, Russland und anderen Länder werde die Trump-Administration dazu zwingen, sich weniger stark zu isolieren als gedacht, sagt Silke. Außerdem laufe das AGOA-Abkommen (African Growth and Opportunity Act) weiter, das im Jahr 2000 vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton ins Leben gerufen wurde. Es verschaffe Produkten aus Afrika auf dem nordamerikanischen Markt Vorteile.
Mit dem bis 2025 verlängerten Handelsprogramm gewähren die USA einseitig Zollerleichterungen für Importe aus derzeit mehr als 30 Ländern südlich der Sahara. Die Liste der AGOA-Produkte umfasst Rohstoffe, Textilerzeugnisse und Bekleidung. Laut der UN-Datenbank Comtrade waren die USA 2022 nach China mit knapp neun Prozent das zweitwichtigste Exportziel für Güter aus Südafrika.
Ein besorgniserregender Faktor ist die Instabilität in vielen Ländern Afrikas, besonders in West- und Ostafrika. Aus der Sicherheitsperspektive seien die USA weiterhin für viele Länder eine wichtige Stütze im Kampf gegen Aufstände und islamistische Gruppen, argumentiert Silke.
Der Kampf um die Macht in Afrika, die Rechte zum Abbau von Mineralien, den Ausbau von Technologien, das wird laut Silke weitergehen: "Wenn es einen Ansporn für weniger Rückzug und mehr Zusammenarbeit mit Afrika für Trump gibt, dann ist es die aufstrebende Macht Chinas."
Rückschritte in Klimapolitik
Der afrikanische Kontinent sei zwar geopolitisch relevant, sagt auch Charles Martin-Shields vom IDOS-Institut Bonn, einer Denkfabrik für nachhaltige Entwicklung und Entwicklungspolitik. Aber Trump werde seine Außen- und Entwicklungspolitik nicht ausweiten, sondern sich eher auf die Innenpolitik und Migration an der mexikanischen Grenze konzentrieren, sagt der US-Amerikaner im DW-Gespräch.
Die Migrationspolitik werde sich unter Trump wieder verschärfen. Das habe auch Auswirkungen für afrikanische Länder. Schon kurz nach Amtsantritt 2021 hatte Biden die von Trump erlassenen Einreiseverbote aus Ländern mit muslimisch geprägter Bevölkerung aufgehoben.
Zweitens wird Trump nach Martin-Shields' Einschätzung den Klimawandel ignorieren. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump wiederholt die Relevanz des Themas heruntergespielt - und beispielsweise die USA aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015 ausscheiden lassen. Ein Schritt, den Biden rückgängig machte.
Aktuell seien laut Martin-Shields Maßnahmen gegen den Klimawandel ein Teil der Strategie des Weißen Hauses. Erstmals übernehme ein US-amerikanischer Präsident die Verantwortung dafür, dass die USA und die mächtigen Länder weit mehr CO2 ausgestoßen haben, als die Länder in Afrika und in den Äquatorialregionen. Eine neue Trump-Regierung würde dagegen allen Ansätzen zu Klimapolitik oder Anpassung ans Klima ablehnend gegenüberstehen, glaubt Martin-Shields. Schon jetzt wirkt sich der Klimawandel in Afrika drastisch aus. Das würde "die Situation verschlechtern und ernsthafte Auswirkungen auf afrikanische Staaten haben".
Mitarbeit: Isaac Kaledzi, Ghana