Weg frei für Steuerentlastungen
18. Dezember 2009Am Ende ging es im Bundesrat höchst sachlich zu, auch bei Christdemokraten und Liberalen keine offene Freude: Nach wochenlangem Hin und Her wurde das so genannte "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" mit der knappen Mehrheit der von CDU/CSU und FDP regierten Länder vom Bundesrat gebilligt.
Auch die bis zuletzt zögerlichen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen und Stanislaw Tillich (beide CDU) stimmten für ihre Länder Schleswig-Holstein und Sachsen mit "Ja". Vor allem Carstensen hatte die Berliner Regierung zappeln lassen und um einen Ausgleich für die hohen Steuerausfälle gerungen. Er lobte die Koalition jetzt für ihre "verantwortungsvolle Haltung". Sein Widerstand habe sich "für alle Länder gelohnt".
SPD glaubt nicht an erhoffte Wirkungen
Für die SPD-regierten Länder hatte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck die Ablehnung des Gesetzes bekräftigt. Zu den erhofften Impulsen für Konjunktur, Arbeitsplätze und Konsum werde es nicht kommen, dafür aber zu zusätzlichen Belastungen und mehr Bürokratie. Genüsslich zitierte Beck auch die Zweifel aus dem gegnerischen Lager der Union.
Die rot-rote Landesregierung in Berlin erwägt eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Man müsse in Karlsruhe die Frage klären, ob man den Ländern "einerseits eine Schuldenbremse auferlegen" dürfe, ihnen anderseits aber "unmöglich mache, diese Schuldenbremse einzuhalten", so Finanzsenator Ulrich Nußbaum.
Feilschen bis zuletzt
Die Mehrheit in der Länderkammer hatten sich die Koalitionspartner von Union und FDP buchstäblich in letzter Minute bei einem nächtlichen Spitzentreffen gesichert. Nach einem schwierigen Start mit einem Ministerrücktritt in der Kundus-Affäre und einer Vielzahl von Streitereien gibt es damit für die neue Regierung vor dem Jahreswechsel doch noch etwas zu feiern.
Ökonomen und Sachverständige bezweifeln hingegen weiterhin, ob das mit neuen Milliarden-Schulden finanzierte Gesetz das Wirtschaftswachstum wirklich ankurbelt. Die massive Kritik an der deutschen Rekordverschuldung auf der einen und am völligen Fehlen von Einsparungsvorschlägen auf der anderen Seite hält an.
Die Entlastungen über insgesamt 8,5 Milliarden Euro für Familien, Unternehmen, Erben und Hoteliers treten wie geplant zum 1. Januar 2010 in Kraft. Länder und Kommunen haben mit fast vier Milliarden Euro Steuerausfällen im Jahr fast die Hälfte des Steuerpakets zu schultern.
Der Bund hatte in den vergangenen Tagen signalisiert, er werde Länder und Kommunen bei den Bildungsausgaben, aber auch bei anderen Aufgaben entlasten, allerdings beteuert, keine einzelnen Länder "herauszukaufen". Politiker von CDU und FDP hatten immer wieder betont, die Finanzen von Ländern und Kommunen auch mit Blick auf die im Grundgesetz bis 2020 vorgeschriebene Verringerung der Verschuldung ernstzunehmen.
"Nicht herausgekauft" - aber Zusagen des Bundes
Den ersten Schritt hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits am Mittwoch beim Bildungsgipfel getan, als sie einen dauerhaft höheren Anteil an der Mehrwertsteuer für die Länder nicht ausschloss. Zudem ist daran gedacht, die Kommunen bei den Mehrkosten bei der Neuordnung der Arbeitsvermittlung zu entlasten.
Die Zusage des Bundes, statt zehn jetzt 40 Prozent der Finanzierungslücke von insgesamt mindestens 13 Milliarden Euro zu übernehmen, helfe Schleswig-Holstein "enorm", hatte Carstensen dann Mitte der Woche erklärt und die Wende in seinem Konfrontationskurs eingeleitet.
Autor: Siegfried Scheithauer (rtr,apd)
Redaktion: Frank Wörner