WHO-Richtlinien zu HIV
11. Juli 2014Menschen mit hohem HIV-Risiko bekommen nicht die Gesundheitsversorgung, die sie brauchen. Das besagen die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO, die kürzlich veröffentlicht worden sind. Darin geht es vor allem um fünf Gruppen, die benachteiligt sind: Homo- und Transsexuelle, Drogenabhängige, Prostituierte und Gefängnisinsassen.
Deren Infektionsrisiko ist hoch, aber diese Menschen erhalten oft nur mangelhafte medizinische Versorgung - oder gar keine. Für die WHO ist das ein besorgniserregender Zustand, auf den sie aufmerksam machen will. Sie versucht, die Situation mit einem ganzen Paket von Empfehlungen zu verbessern.
Diejenigen, die sich am häufigsten anstecken, sind laut WHO diejenigen, die Hilfe am nötigsten brauchen und am wenigsten bekommen. Sie werden oft diskriminiert und ausgeschlossen, in einigen Ländern sogar per Gesetz. Das ist einer der Hauptpunkte in den Leitlinien. "Sie haben weniger Zugang zu Behandlung und zu Prävention als die, die nicht zu einer der Risikogruppen gehören. Das ist absurd, denn es sind ja gerade diese Gruppen, die problematisch sind", erklärt Gundo Aurel Weiler vom HIV-Department der WHO. Die Organisation ruft Regierungen aller Länder dazu auf, rechtliche und soziale Barrieren abzubauen.
Hohe Infektionsrate
Bei Menschen, die zu den Risikogruppen gehören, ist die Gefahr sich anzustecken um ein Vielfaches höher als bei anderen. Bei Prostituierten ist die Infektionsrate14 Mal höher als bei anderen Frauen. Bei Homosexuellen ist das Risiko 19 mal höher, bei transsexuellen Frauen 50 mal und bei Menschen, die sich Drogen injizieren, ebenfalls 50 mal höher als beim Durchschnitt der Bevölkerung.
Menschen, die zu einer der fünf Gruppen gehören, werden oft diskriminiert und stigmatisiert, sagt Weiler. Die Rahmenbedingungen müssten geändert werden, um vor allem die Risikogruppen besser ansprechen zu können.
Neue Empfehlungen
An homosexuelle Männer, die nicht HIV-positiv sind, richtet sich die WHO mit der Empfehlung, eine so genannte Prä-Expositionsprophylaxe durchzuführen. "Dabei wird täglich ein antiretrovirales Medikament eingenommen, mit dem Homosexuelle sich vor einer HIV-Infektion schützen können", sagt Weiler. Das Medikament hat sich bewährt. Die WHO rät aber nach wie vor dringend, zusätzlich Kondome zu benutzen.
Spritzentausch für Drogenabhängige und Substitutionsbehandlungen stehen schon lange auf der Liste der Empfehlungen. In den neuen Leitlinien geht es unter anderem aber auch um bessere Prävention und HIV-Tests. Laut WHO müssen sie für mehr betroffene Menschen zugänglich sein. "Sie sollten nicht nur in Kliniken und Arztpraxen angeboten werden", sagt Weiler, "sondern da, wo sich die Zielgruppen aufhalten. Das gilt auch für Therapien. Für HIV-positive Personen muss es einfach sein, behandelt zu werden."
Das Problem der Neuinfektionen
"Die Zahl der Todesfälle, die durch HIV entstehen, nimmt sehr stark ab", erklärt der Experte der WHO. Trotzdem: "Die Zahl der Neuinfektionen nimmt weit weniger ab, als wir es uns erhoffen."
Das werfe die Frage auf, was zu tun sei, um die Prävention weiter zu intensivieren. "Wir gehen davon aus, dass jede zweite Neuinfektion mit einer der Risikogruppen zu tun hat. Deswegen war es dringend notwendig, eine Anleitung zur Prävention zu geben und Richtlinien aufzuzeigen, wie man die entsprechenden Maßnahmen verbessern und so die weitere Ausbreitung auf Menschen, die nicht zu den Risikogruppen gehören, möglichst zu verhindern", sagt Weiler.
2013 ist die Zahl der Menschen, die sich einer antiretroviraler Therapie unterziehen, um zwei Millionen gestiegen. "Das ist der höchste Anstieg, den wir jemals gesehen haben. Weltweit werden jetzt insgesamt 13 Millionen Personen, die mit HIV leben, antiretroviral behandelt", freut sich Weiler. "Das ist eine Rekordzahl und eine sehr positive Nachricht."