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Wie deutsch ist Pablo Picasso?

Sabine Oelze23. Oktober 2015

Pablo Picasso zählt zu den bekanntesten Künstlern der Welt. Auch das Picasso-Museum in seiner Geburtsstadt Málaga profitiert von der Zugkraft des Spaniers. Eine Ausstellung erforscht nun seine Beziehung zu Deutschland.

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Les Demoiselles d’Avignon Gemälde von Pablo Picasso
Bild: picture-alliance/dpa

Das Picasso Museum in Málaga entlockt dem Wirken des Spaniers Pablo Picasso (1881 -1973) immer wieder Neues: Nach Gegenüberstellungen mit Martin Kippenberger oder Louise Bourgeois zieht José Lebrero Stals, Direktor des Picasso Museums, nun das deutsche Register. "Picasso: Registros Alemanes" heißt die aktuelle Ausstellung, in der er erstmals die Beziehung zu Deutschland des in Málaga geborenen Malers, Zeichners, Bildhauers und Keramikers ausleuchtet.

Picasso Museum in Málaga lockt Touristen

Das 2003 eröffnete Picasso Museum ist ein Publikumsmagnet an der Costa del Sol, Spaniens Sonnenküste. 400.000 Besucher drängen jährlich in den Palacio de Buenavista, gelegen im jüdischen Viertel von Málaga. 80 Prozent von ihnen sind Touristen aus dem Ausland. Auch viele Deutsche, die die Costa del Sol nicht als Reiseziel, sondern auch als neue Bleibe wegen des guten Klimas schätzen. Allein 80.000 residieren dauerhaft an der Sonnenküste. Anlässe für eine Auseinandersetzung mit Picassos Beziehung zu Deutschland gibt es also viele.

Picasso war nie in Deutschland

Der spanische Künstler hat niemals einen Fuß auf deutschen Boden gesetzt. Warum sollte er auch? Paris war für ihn das Epizentrum der Kunst. In Deutschland aber wird seine Arbeit damals mit großem Interesse verfolgt. In der Ausstellung ist es überaus spannend zu beobachten, wie die deutschen Künstler auf Picasso reagierten – oder sich an ihm rieben. Die Ausstellung beschäftigt sich auch mit dem Kunstaustausch und der Entwicklung der Avantgarden über Ländergrenzen hinweg: Dazu gehören die Erneuerung der Porträtmalerei, die Kubismus-Rezeption, der Einfluss des Primitivismus, die Suche nach neuen, ehrlichen Motiven aus dem täglichen Leben. Die Mitglieder der Bewegungen des Münchner Blauen Reiters oder der "Brücke" in Dresden nehmen auf den Spanier Bezug. In der Ausstellung sind wunderbare Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Otto Müller oder Karl Schmitt-Rottluff zu entdecken, die sich einer gleichen Bildsprache bedienen. Unter den deutschen Malern fällt ein Gemälde von Max Beckmann ins Auge: Das Porträt seiner Geliebten mit dem Kosenamen "Naila" (1934), die eigentlich Hildegard Melms hieß, gewandet in edlen Nerz, wirkt wie ein Zitat von Picassos Gemälde der polnischen Ex-Frau Olga, das der spanische Maler schon 1922-23 malte.

Picasso interessierte sich nicht für seine deutschen Zeitgenossen

Auch wenn Picasso für seine deutschen Zeitgenossen nichts übrig hatte: Die Gemälde von Meistern der deutschen Renaissance liebte er: 55 Studien fertigte er alleine zu Matthias Grünewalds Isenheimer Altar in Colmar an. Er kannte ihn nur von Abbildungen. Die Kreuzigungsszene transformierte er in ein schwarzweißes Schlachtfeld aus Linien. Von Jesus bleibt nichts übrig als Skelett und Knochen. In einem Brief an einen Freund schrieb Picasso schon als 16-Jähriger, dass er – wenn er jemals einen Sohn hätte – diesen nach München schicken würde, um dort die Maler der Renaissance zu studieren. Er lobte ihre Ernsthaftigkeit und Schnörkellosigkeit. Die Italienier hielt er für dekorativ. Das schrieb er, ohne je eines dieser Werke im Original gesehen zu haben.

Spanien Ausstellung Picasso. Registros alemanes. in Malaga
Cranachs Lucretia interpretiert von Picasso (links)Bild: DW/S. Oelze

Deutschland kaufte Picasso noch vor Frankreich oder Spanien

Warum arbeitet das Picasso Museum in Málaga Picassos Beziehung zu Deutschland auf - und nicht ein deutsches Museum? Schließlich ist Deutschland ein Land, in dem Picassos Werke früher als in Frankreich oder Spanien anerkannt und studiert wurden. Bereits 1907 wurde der Spanier von dem deutschen Galeristen Daniel Henry Kahnweiler in Paris entdeckt und finanziell so unterstützt, dass er sich keine Sorgen machen musste, ob jemals ein Käufer für seine "Fräulein von Avignon" gefunden würde. Das von der Heydt Museum in Wuppertal kaufte ein Jahr später schon das erste Picasso-Gemälde für die ständige Sammlung. 1912 widmete die Sonderbundausstellung in Köln den 18 Gemälden des Spaniers einen eigenen Saal. Ab 1912 haben sich Historiker wie Carl Einstein intensiv mit Picassos Kubismus als neuer Stilrichtung auseinandergesetzt.

So ist Picasso vielleicht auch ein bisschen ein Künstler der Deutschen. Bleibt zu hoffen, dass nicht nur die Touristen an der Costa del Sol diese erhellende Ausstellung zu sehen bekommen - sondern dass sie noch weiter in ein deutsches Museum wandert.