Putin pilgert auf den heiligen Berg
27. Mai 2016Wer einen Staat in der Finanzkrise besucht, ist willkommen, wenn er Geld verspricht. Und Wladimir Putin reist nicht allein: Mehrere Konzernvertreter trafen in Begleitung des Kreml-Chefs in Athen ein. Griechenland hofft darauf, dass russische Unternehmen in das griechische Privatisierungsprogramm einsteigen, das die Not der öffentlichen Kassen lindern soll. Auch im Energiesektor will Athen die starke Hand aus Moskau ergreifen - die Regierung wünscht neue Kooperationen.
Der Gast nutzt die Visite ebenfalls für seine Zwecke. Am Samstag wird Putin pilgern und die Hochburg der christlichen Orthodoxie besuchen: das Agios-Panteleimon-Kloster auf dem heiligen Berg Athos im Norden des Landes. Anlass ist die 1000-Jahr-Feier der auch als Rossikon bekannten Einrichtung, die eine bewegte Geschichte hinter sich hat. Das Kloster wurde von Bränden zerstört, von Piraten angegriffen - und unter osmanischer Herrschaft ging es beinahe unter. Zu den Feierlichkeiten wird auch der russische Patriarch Kyrill erwartet, weshalb Putins Abstecher eine wohlkalkulierte innenpolitische Wirkung hat.
Autonome Athos-Mönche
Der russische Präsident war 2005 schon einmal in der orthodoxen Mönchsrepublik Athos, die Autonomiestatus genießt. Die Regierung in Moskau hatte in den vergangenen Jahren die aufwendige Renovierung des Konvents mitfinanziert. Bei den Wirtschaftsgesprächen in Athen dürfte es nun freilich um Summen in ganz anderen Dimensionen gehen. Putin und der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatten im vergangenen Jahr eine Zusammenarbeit bei der geplanten Erdgasleitung "Turkish Stream" durch das Schwarze Meer vereinbart. Doch dann geriet das Projekt ins Stocken, weil der Konflikt Moskaus mit der Türkei sich zuspitzte. Ob es hier Fortschritte gibt, ist offen.
Erfolgversprechender dürften gemeinsame Vorhaben bei der Privatisierung des griechischen Staatseigentums sein: Die russischen Bahnen haben Interesse am Kauf der Eisenbahn des südeuropäischen Landes gezeigt. Und Unternehmer aus Putins Heimat sollen nicht abgeneigt sein, Teile des Hafens von Thessaloniki zu pachten. Piräus, der größte Seehafen des Landes vor den Toren Athens, befindet sich schon überwiegendin chinesischer Hand.
Trotzgeste aus Athen
Im Zentrum der politischen Gespräche dürften vor allem zwei Themen stehen: die Lage im östlichen Mittelmeer sowie die Beziehungen Russlands zur EU und zur NATO. Ministerpräsident Tsipras hofft, aus Putins Besuch innenpolitischen Gewinn zu ziehen. Seine enge Tuchfühlung mit dem Gast aus Moskau ist allerdings heikel. Während Griechenland finanziell am Tropf der EU hängt, trägt der Regierungschef seine politische Unabhängigkeit zur Schau - indem er jenen Präsidenten empfängt, gegen dessen Land die EU und die NATO wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim harte Strafmaßnahmen verhängt haben.
jj/uh (dpa, afp, kna)