Wulff lobt russischen Reformkurs
13. Oktober 2010Bundespräsident Christian Wulff hat den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew ermutigt, den Modernisierungsprozess in Russland weiter voranzutreiben. Vor Studenten in Moskau sagte Wulff am Mittwoch (13.10.2010), Medwedew habe völlig zu Recht "die Modernisierung nicht nur der Wirtschaft, sondern der gesamten staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen zum Ziel seiner Modernisierungsstrategie erklärt."
Voraussetzung für diese Modernisierung, betonte Wulff, sei eine funktionierende Demokratie. Dazu gehörten Meinungs- und Versammlungsfreiheit, eine unabhängige Justiz sowie eine starke Opposition und eine freie Presse, die "Missstände anprangern und Alternativen aufzeigen können". Demokratie sei keine "Unordnung, sondern das Ringen um den besten Weg", betonte der Bundespräsident. Vor seiner Rede an der Moskauer "Higher School of Economics" hatte Wulff ein Gespräch mit dem Partriarchen Kyrill geführt sowie Menschenrechtler und Journalisten getroffen.
Partnerschaft trotz unterschiedlicher Ansichten?
Medwedew sprach von einem besonderen Besuch. Er freue sich darüber, dass Wulff einen seiner ersten Staatsbesuche Russland widme. Dennoch taten sich offensichtlich auch unterschiedliche Vorstellungen über die künftige Zusammenarbeit auf. Beide Seiten wollen zwar die von Medwedew vorgeschlagene "Modernisierungspartnerschaft" ausbauen. Doch Berlin und Moskau setzen dabei deutlich unterschiedliche Schwerpunkte. Moskau hat vor allem die Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft und neue Technologien im Blick. Deutschland will auch demokratische Reformen.
Die russische Wirtschaft wächst nach der Wirtschaftskrise, und auch Deutschland profitiert davon. So machte Ministerpräsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit Wulff deutlich, dass fast alle großen deutschen Unternehmen auch in Russland präsent seien. Medwedew sagte, dass Deutschland ein wirtschaftlicher Schlüsselpartner in Europa sei.
Doch der Bundespräsident machte schon zum Auftakt seines viertägigen Staatsbesuchs am Dienstag den Wunsch der Deutschen nach einem intensiveren Dialog über Rechtsstaatlichkeit deutlich. Wulff konnte sich bei seinem Besuch selbst ein Bild vom Vorgehen der russischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten machen: Denn auch am Tag seines Besuchs löste die Polizei in Moskau gewaltsam eine friedliche, aber nicht genehmigte Demonstration von Regierungsgegnern auf und nahm mindestens 30 Menschen fest.
Wulff ein "aufmerksamer Beobachter"
Auch russische Medien verfolgten Wulffs Staatsbesuch. So schrieb etwa die russische Regierungszeitung "Rossijskaja Gaseta" am Mittwoch: "Wulff bleibt vier volle Tage in Russland und besucht dabei auch die Provinz. Bereits beim Auftakt mit seinem Kollegen Dmitri Medwedew betonte der Bundespräsident, dass seine Landsleute die Freundschaft mit Russland - nach allem, was geschehen ist - als großes Geschenk empfinden. Wulff präsentierte sich als aufmerksamer Beobachter der Modernisierung in Russland, jedoch wünscht er sich auch Verbesserungen bei der Rechtsstaatlichkeit."
Autorin: Naima El Moussaoui (dapd, dpa, ap)
Redaktion: Sabine Faber