Gedenken an Terroropfer in Kopenhagen
17. Februar 2015Nach den Anschlägen von Kopenhagen haben am Montagabend in der dänischen Hauptstadt zehntausende Menschen gegen Terrorismus protestiert. Die Veranstalter sprachen von rund 40.000 Teilnehmern, die sich bei Eiseskälte zu einer Gedenkfeier für die beiden Opfer in der Nähe des ersten Tatortes versammelt hatten.
Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt sagte bei der Kundgebung: "Heute will ich allen dänischen Juden sagen: Ihr seid nicht allein. Ein Angriff auf die Juden ist ein Angriff auf Dänemark - auf uns alle." Sie alle wollten "frei leben in Sicherheit in einem demokratischen Land". Dafür seien sie am Abend zusammengekommen. "Wenn andere uns Angst zu machen und uns zu spalten suchen, dann ist unsere Antwort immer eine geeinte Gemeinschaft", sagte Thorning-Schmidt.
Auf dem Weg nach Syrien
Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Dan Rosenberg Asmussen, appellierte an Muslime und Juden zusammenzustehen. "Unsere gemeinsame Herausforderung ist der Extremismus", sagte er. Unter den Teilnehmern waren auch Dänemarks Kronprinz Frederik, Schwedens Regierungschef Stefan Löfven, die Bürgermeisterin der französischen Hauptstadt Paris, Anne Hidalgo, und Patrick Pellox, Redakteur des französischen Satire-Magazins "Charlie Hebdo".
US-Präsident Barack Obama sicherte Dänemark nach den Anschlägen von Kopenhagen die volle Unterstützung seiner Regierung zu. Nach Angaben des Weißen Hauses telefonierte er mit Ministerpräsidentin Thorning-Schmidt und zeigte sich solidarisch mit dem dänischen Verbündeten. Beide Politiker seien sich in dem Gespräch über die Notwendigkeit einig gewesen, im Kampf gegen "Angriffe auf die Meinungsfreiheit und gegen antisemitische Gewalt zusammenzuarbeiten".
Inzwischen mehren sich Hinweise auf ein islamistisches Motiv des getöteten Terroristen. Der 22-jährige Attentäter, ein vorbestrafter Däne palästinensischer Herkunft, wollte sich nach einem Bericht der Zeitung "Berlingske" der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien anschließen. Weil er diesen Wunsch während des Absitzens einer Gefängnisstrafe geäußert habe, hätten die Behörden ihn auf eine Liste radikalisierter Häftlinge gesetzt.
Familie schockiert
Die Polizei nahm unterdessen zwei mutmaßliche Komplizen fest. Medienberichten zufolge haben die Männer dem Attentäter Waffen besorgt. Ein vom Täter verwendetes Gewehr wurde aus Armeebeständen entwendet. Die Waffe sei zusammen mit 43 weiteren Exemplaren vor sechs Jahren bei einem Raubüberfall auf eine Kaserne im Osten der Insel Seeland erbeutet worden, teilte Staatsanwalt Stig Fleischer dem dänischen Sender DR1 mit.
Der Vater des Täters reagiert bestürzt auf die Tat. "Ich bin genauso schockiert wie der Rest der Welt", sagte er der Zeitung "Jyllands Posten". Er habe erst durch einen Anruf der Polizei von den Anschlägen seines Sohnes erfahren.
Der 22-Jährige hatte am Samstagnachmittag zunächst eine Diskussionsveranstaltung zum Thema Islam und Meinungsfreiheit mit dem schwedischen Künstler Lars Vilks angegriffen. Vilks hatte mit einer Zeichnung des Propheten Mohammed den Zorn radikaler Muslime auf sich gezogen. Bei dem Angriff waren ein 55-jähriger Zuschauer getötet und drei Leibwächter von Vilks verletzt worden.
In der Nacht erschoss der Täter dann vor der Hauptsynagoge von Kopenhagen einen jüdischen Freiwilligen, der den Einlass kontrollierte. Als der Täter im Morgengrauen in seine Wohnung zurückkehrte, kam es zu einem Schusswechsel mit dort postierten Polizisten, bei dem der junge Mann getötet wurde.
Am Dienstag gab die Polizei nach der Entdeckung eines verdächtigen Pakets in Kopenhagen Entwarnung. Das an einem der beiden Anschlagsorte vom Wochenende gefundene Paket habe keinen Sprengstoff enthalten, teilte die Polizei mit. Nach dem Fund vor dem Cafe, in dem ein 22-Jähriger am Samstag einen Mann erschossen hatte, sperrten die Sicherheitskräfte das Gebiet weiträumig ab.
Netanjahu erntet Widerspruch
Die israelische Regierung erntete derweil mit ihrem Aufruf an die in Europa lebenden Juden zur Auswanderung nach Israel deutlichen Widerspruch. Die Juden hätten ihren Platz in Europa und im Besonderen in Frankreich, sagte Frankreichs Staatspräsident François Hollande. Unterstützung erhielt er von Dänemarks Chefrabbiner Jair Melchior: "Die Situation in Europa ist nicht so schlimm, das Leben in Europa ist nicht so katastrophal", sagte Melchior.
Der schwedische Mohammed-Zeichner Vilks verlässt einem Medienbericht zufolge für unbestimmte Zeit sein Zuhause. Grund seien Sicherheitsbedenken der Anwohner in Vilks' Heimatkommune Höganäs in Schweden, berichtete der schwedische Rundfunk.
gmf/joz (afp, dpa)