Exklusiv-Interviews mit Maia Sandu und Igor Dodon
13. November 2020Die Republik Moldau ist eines der ärmsten Länder Europas. Die Massenemigration sei "das Problem Nummer eins", seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 "haben wir ein Drittel der Bevölkerung verloren", sagt Präsident Igor Dodon im Interview mit DW-Rumänisch vor der Stichwahl. Wenn das so weitergehe, bleibe man "nur noch mit den 1,5 Millionen Rentner" und das Land würde "verschwinden". Um den Trend umzukehren, wolle er die Auslands-Moldauer durch eine Verbesserung der Lebensqualität zur Rückkehr motivieren.
Die pro-europäische Präsidentschaftskandidatin und ehemalige Premierministerin Maia Sandu von der Partei PAS (Aktion und Solidarität) sagte im Interview mit DW-Rumänisch vor der Stichwahl am Sonntag, 15. November, sie wolle die Republik Moldau aus der Armut herausholen und dafür sorgen, dass die Behörden auf die Bedürfnisse der Menschen achten. Im ersten Wahlgang am 1. November lag Maia Sandu vor dem als Russland-freundlich geltenden Präsidenten Igor Dodon.
Die Unterscheidung zwischen pro-europäischen und pro-russischen Moldauern sei "künstlich" und werde "von Politikern instrumentalisiert", sagt Maia Sandu. Ihrem Gegenkandidaten Dodon wirft sie vor, er polarisiere und schüre "ethnischen Hass".
"In unserem Wahlkampf haben wir niemanden kritisiert und keine Polarisierung betrieben", entgegnet Amtsinhaber Igor Dodon im Interview auf die Frage nach den Vorwürfen der Opposition. Er sei sowohl für die Umsetzung des Assoziierungsabkommens mit der EU als auch für eine strategische Partnerschaft mit Russland. "Diese Option entspricht der Meinung der Mehrheit der Bürger der Republik Moldau: Wenn wir ihnen drei Optionen bieten, nicht zwei (also zu wählen zwischen der EU und Russland) sind mehr als 50 Prozent für den dritten Weg, also gute Beziehungen mit der EU und Russland." Er sei für das Beibehalten der Mitgliedschaft in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) und gleichzeitig für ein Fortführen des Assoziierungsabkommens mit der EU.
"Ich wünsche mir, dass es allen Bürgern der Republik Moldau gut geht, unabhängig von der Sprache, die sie sprechen, oder ihrer Ethnie", sagte Maia Sandu im DW-.Interview. "Ich werde dafür arbeiten, dass jeder Mensch aus unserem Land dem morgigen Tag mit Zuversicht entgegenblickt, ohne Angst um sich selbst und seine Familie. Und ich hoffe, wir werden den Tag erleben, an dem Politiker es nicht mehr wagen, uns gegeneinander auszuspielen."
Der moldauische Präsident Igor Dodon zeigt sich im DW-Interview optimistisch in Bezug auf den Konflikt um die Region Transnistrien, die sich 1992 von der Republik Moldau abgespalten hatte: Eine echte politische Lösung sei "in nächster Zeit möglich". Allerdings "nicht mit einem Präsidenten, der die Transnistrier Separatisten nennt, so wie es Maia Sandu und ihr Team tun. So wird es keinen Dialog geben.” Zum Thema Schmuggel in Transnistrien sagt Dodon: "Mir liegen die europäischen Berichte vor, die klar aufzeigen, dass in diesem Jahr die Dinge eine positive Dynamik haben in Bezug auf die Reduzierung des Schmuggels."
"Leider hatten die bisherigen Regierungen keinen strategischen Ansatz zur Lösung des Transnistrien-Konflikts", kritisiert Maia Sandu im DW-Gespräch. "Mit einigen Ausnahmen diente dieser Konflikt als Einkommensquelle für Politiker auf beiden Seiten des Flusses Dnjester. Eine riesige Quelle von Geldern, die nirgendwo gemeldet werden. Das heißt, die erste wichtige Bedingung ist, die dunklen Geschäfte mit Gas und Elektrizität sowie den regionalen Schmuggel aufzuhalten, durch die korrupte Politiker in der Republik Moldau an illegales Geld kommen."