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Zu ängstlich für Organspende?

31. Oktober 2012

Pünktlich zum Start einer neuen bundesweiten Regelung hat die Spendebereitschaft der Deutschen erneut deutlich abgenommen. Grund ist die Verunsicherung durch die jüngsten Manipulationsskandale. Experten schlagen Alarm.

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ARCHIV: Die Transplantation einer Niere in einem Krankenhaus in Salt Lake City, USA (Foto: AP)
Bild: AP

Am diesem Donnerstag tritt in Deutschland die neue Organspende-Regelung in Kraft, auch als "Entscheidungslösung" bezeichnet. Demnach wird künftig jeder Bundesbürger über 16 Jahre von seiner Krankenkasse regelmäßig befragt, ob er bereit ist, nach seinem Tod Organe zu spenden. Einen Zwang, sich zu entscheiden, gibt es aber nicht. Bis zum 1. November 2013 haben die Kassen und private Krankenversicherungen Zeit, ihre Informationsschreiben zu verschicken.

Günter Kirste Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation DSO (Foto: picture-alliance/dpa)
DSO-Chef Günter KirsteBild: picture-alliance/dpa

Die jüngsten Zahlen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) geben allerdings wenig Grund zu der Hoffnung, dass sich die Bereitschaft potentieller Spender deutlich erhöhen könnte. Im Oktober hat es 59 Organspender gegeben, normalerweise liegt die Zahl deutlich über 100. Bereits die Monate Juli, August und September seien stark von den anhaltenden Manipulationsvorwürfen gegenüber einzelnen Transplantationszentren und Kliniken geprägt gewesen, sagte DSO-Chef Kirste. Es müsse nun alles dafür getan werden, um die Verdachtsfälle lückenlos aufzuklären und weiterem Missbrauch vorzubeugen.

In Göttingen und Regensburg soll ein Oberarzt Krankenakten manipuliert haben, um Patienten auf der Warteliste für Spenderorgane vorne zu platzieren. Auch aus einer Klinik in München wurden Unregelmäßigkeiten gemeldet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

"Akt der Nächstenliebe"

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr wirbt dennoch um Vertrauen für die Organspende. Die Politik habe auf die Manipulationsskandale richtig reagiert, nämlich mit einer stärkeren staatlichen Kontrolle bei der Organspendenvergabe, sagte der FDP-Politiker dem Rundfunksender rbb-Inforadio. "Niemand soll gezwungen werden zu einer Entscheidung.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr mit seinem Organspendeausweis in der Hand (Foto: picture alliance / dpa)
Werbung auch mit dem eigenen Organspendeausweis: Bundesgesundheitsminister BahrBild: picture alliance / dpa

Aber es ist auch klar: Jeder, der sich zu Lebzeiten für eine Organspende entscheidet, entlastet seine Angehörigen." Die Organspende biete die Möglichkeit, jemand anderem eine zweite Lebenschance geben, so Bahr weiter. "Das ist ein Akt der Nächstenliebe.

12.000 Patienten auf Warteliste

Die Deutsche Hospiz Stiftung bewertet die Änderungen zum Transplantationsgesetz dagegen skeptisch. Das erklärte Ziel einer breiteren Akzeptanz für die Organspende werde nicht erreicht, kritisierte die Patientenschutzorganisation. Voraussetzung dafür wäre gewesen, das System der Transplantationen auf ein solides, ethisches und nachvollziehbares Fundament zu stellen, erklärte der Geschäftsführer der Stiftung, Eugen Brysch. Statt auf Fakten, Aufklärung und klare politische Verantwortung setze der Gesetzgeber lediglich auf Werbung und Emotion.

In Deutschland stehen nach Angaben des Gesundheitsministeriums etwa 12.000 Menschen auf der Warteliste für eine Organtransplantation. Rund 1.000 von ihnen sterben jedes Jahr, weil es nicht genügend Spender gibt. Obwohl in Umfragen grundsätzlich Dreiviertel aller Bürger einer Organspende positiv gegenüberstehen, haben nur 25 Prozent tatsächlich einen Organspendeausweis.

sti/SC (dapd, dpa, epd)