Zwischen Japan und Deutschland funkt es nicht mehr
10. Dezember 2004Auf dem Flughafen von Tokio ist die Maschine von Bundeskanzler Gerhard Schröder ein seltener Gast. Lediglich eine offizielle Japanreise machte Schröder in seiner Amtszeit, dafür reiste er gleich fünfmal nach China. Auch bei dieser Asienreise wurde deutlich: Deutschland ist im Chinafieber und will bei der Eroberung des chinesischen Marktes in der ersten Reihe mitmischen. In Japan dagegen sind keine Wirtschaftsabkommen vorgesehen. Wohl auch ein Grund, warum sich zehn der rund vierzig Unternehmer, die Schröder auf seiner Reise begleiteten, bereits in Peking verabschiedeten. Nach Jahrzehnten guter wirtschaftlicher Beziehungen zu Tokio ist die Leidenschaft für Geschäfte zwischen Japan und Deutschland der Routine gewichen.
Zuverlässig, aber langweilig
Umgekehrt sieht es kaum besser aus. Die Geschäfte laufen gut, aber auch Japan hat sich neu orientiert. Für die japanischen Geschäftsleute sei vor allem Osteuropa interessant, erklärt Volkswirt Franz Waldenberger, Professor am Japan-Zentrum in München. "Deutschland wird in Japan eher als Museum und nicht als moderner Industriestandort wahrgenommen. Auch das Bild der deutschen Kultur beschränkt sich eher auf Bier trinken, Wurst essen und Fußballspielen."
Doch gemeinsame Probleme verbinden: Japan und Deutschland haben seit Jahren mit Reformen zu kämpfen, um ihre angeschlagene Wirtschaft wieder zu beleben. Bei aller deutschen Begeisterung für China wird dabei auch deutlich: Die deutsche Wirtschaft ist auf Japan angewiesen. Die höheren Gewinne machen deutsche Firmen immer noch im Land der aufgehenden Sonne.
Den Beziehungskitt liefert der Mittelstand
Im dritten Quartal exportierte die deutsche Wirtschaft Waren im Wert von 3,3 Milliarden Euro nach Japan, dass sind 8,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Für Franz Waldenberger ein klares Zeichen, dass man die eingeschlafenen offiziellen Beziehungen zwischen beiden Ländern nicht überbewerten sollte: "Mit Japan sind die Wirtschaftsbeziehungen sehr ausgereift. Da wird eher versucht, kleine mittelständische Unternehmen nach Japan zu bringen und das ist nichts was letztlich durch politische Rahmenbedingungen noch verbessert werden könnte", so der Japan-Experte. "Die Unternehmen müssen selbst aktiv werden um ihre Chancen zu nutzen."
Licht am Ende des Tunnels
Vor allem in den Bereichen Bauwirtschaft, Umwelt, Medizin und Pflege hätten deutsche Mittelständler auf dem japanischen Markt gute Chancen. Die meisten würden sich aber erst nach Japan wenden, wenn ihnen das Wasser auf dem deutschen Absatzmarkt bis zum Hals steht, so Waldenberger. Dennoch blickt er optimistisch in die Zukunft: "Das Geschäft in Japan wird zwar nie mehr einen Boom wie den in China erleben, aber es wird auch keinen Einbruch geben. Für das deutsche Geschäft heißt das, es wächst mit der japanischen Wirtschaft und die ist im Augenblick im Aufwind."
Alte Liebe rostet nicht
Dazu will auch die Bundesregierung ihren Teil beitragen, indem sie die Werbetrommel rührt. Unter dem Slogan "Deutschland in Japan" soll im Jahr 2005 ganz gezielt das Image Deutschlands aufgefrischt werden. Die zweit- und drittgrößten Volkswirtschaften der Welt wollen kulturell und wirtschaftlich wieder enger aneinanderrücken. Spätestens dann dürfte ein frischer Wind die nächste Kanzlermaschine nach Tokio tragen.