In der Sackgasse
27. November 2006"Es wird keine Einigung in der Zypernfrage vor Ende der finnischen Präsidentschaft geben." Das sagte der finnische Außenminister Erkki Tuomioja nach Gesprächen mit der zyprischen und der türkischen Seite am Montag (27.11.2006) in Tampere. An den Verhandlungen nahmen die Außenminister der Türkei, Abdullah Gül, und Zyperns, George Lillikas, teil. Gründe für das Scheitern der Gespräche nannte Tuomioja nicht. Er sagte jedoch, Konsequenzen für die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei seien nun "unvermeidbar".
Die Europäische Union besteht darauf, dass die Türkei Schiffe und Flugzeuge aus dem griechisch-zyprischen Süden der geteilten Insel bei sich landen lässt. Die Regierung in Ankara verweigert dies bisher, obwohl die Zollunion mit der EU dies vorsieht. Eine türkische Ausweitung der Zollunion auf Zypern würde eine De-facto-Anerkennung Zyperns durch Ankara bedeuten. Dies lehnt die Türkei jedoch ab. Sie fordert zudem ein Ende der wirtschaftlichen Isolierung des von ihr besetzten Nordzyperns.
Konsequenzen sind unklar
Unklar ist Tuomioja zufolge noch, welche Schlüsse genau die Europäische Union aus dem gescheiterten Vermittlungsversuch zieht. "Das müssen wir im Kreise der EU-Staaten besprechen", sagte der Ratsvorsitzende. Die EU hatte der Türkei mit einem Abbruch der laufenden Beitrittsverhandlungen für den Fall gedroht, dass sie ihre Haltung nicht vor dem 6. Dezember ändere.
Tuomioja sagte auch, der Ratsvorsitz und die EU-Kommission würden unverzüglich eine Fortsetzung der Verhandlungen mit der Türkei vorbereiten. Ein Termin für weitere Gespräche sei jedoch noch nicht vereinbart worden.
Kein "Business as usual"
Die EU müsse nun beschließen, welche Folgen der ungelöste Streit für die Aufnahmegespräche mit der Türkei hat. Eine Empfehlung der EU-Kommission dazu wird am 6. Dezember erwartet. Die EU-Außenminister sollen darüber am 11. Dezember drei Tage vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs entscheiden. Erwartet wird, dass die Union Teile der Beitrittsgespräche mit der Türkei aussetzt, ohne die Verhandlungen aber abzubrechen. "Business as usual kann es nicht mehr geben", sagte Tuomioja.
Türken wollen die EU
Bereits seit den 1960er Jahren bemüht sich die Türkei um eine Annäherung an den europäischen Einigungsprozess. Im Oktober 2005 nahm die EU offiziell Beitrittsverhandlungen auf. Dabei treten immer wieder Probleme hervor, wie Verstöße gegen Menschenrechte, Religionsunfreiheit sowie der Streit mit Zypern über die gegenseitige Anerkennung.
Trotz der anhaltenden Spannungen zwischen der EU und der Regierung in Ankara ist die Mehrheit der türkischen Bevölkerung für einen EU-Beitritt ihres Landes. Wie aus einer am 14. November in der regierungsfreundlichen Zeitung "Yeni Safak" veröffentlichten Umfrage hervorgeht, würden sich in einer Volksabstimmung 54,1 Prozent der Türken für eine EU-Mitgliedschaft aussprechen. 37,1 Prozent der Bevölkerung lehnen einen Beitritt ab. Ob ihr Land aber tatsächlich irgendwann zur EU gehören wird, sehen die meisten Türken eher skeptisch. Fast zwei Drittel der Bevölkerung geht davon aus, dass die Europäische Union das verhältnismäßig arme und islamisch geprägte Land nicht aufnehmen wird.
Merkel muss übernehmen
Bundeskanzlerin Angela Merkel setzte der Türkei nach dem Scheitern der von Finnland geführten Zypern-Verhandlungen eine Frist zum Einlenken. Merkel sagte am Montag beim CDU-Parteitag in Dresden, zwar würden ergebnisoffene Verhandlungen mit dem Land geführt. Wenn es bis zum Jahresende aber dabei bleibe, dass die Türkei ihren Verpflichtungen aus dem Ankara-Protokoll nicht nachkomme, müsse dies Folgen haben. "Wenn die Türkei Zypern quasi nicht akzeptiert, wenn dies bis Jahresende so bleibt, sage ich: Ein einfaches 'weiter so' kann es nicht geben", sagte die Kanzlerin unter dem Applaus der rund 1000 Delegierten. Sie bekräftigte ihre grundlegenden Einwände gegen eine Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union. "Es ist und war richtig, der Türkei statt der Vollmitgliedschaft die privilegierte Partnerschaft mit der Europäischen Union anzubieten", sagte Merkel. Die Bundesregierung übernimmt am 1. Januar 2007 von Finnland die EU-Ratspräsidentschaft und zeichnet dann für eine Lösung des Zypern-Streits mit verantwortlich. (mas)