Zähes Ringen um ein Klimapaket
19. September 2019Die Spitzen der Koalitionsparteien suchen nach einer Lösung im Ringen um das geplante Maßnahmenpaket zum Klimaschutz. Angesichts vieler noch offener Fragen wird mit einer Sitzung bis tief in die Nacht gerechnet. Mehr als hundert Umweltschützer demonstrierten vor dem Kanzleramt in Berlin für größere Anstrengungen im Kampf gegen die Erderwärmung.
Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace rollten vor dem Kanzleramt ein großes Fotobanner aus, auf dem Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrem Ausspruch zitiert wurde, es dürfe beim Klimaschutz kein "Pillepalle" mehr geben. Aktivisten unter anderem von Campact und Berlin for Future riefen "Nicht reden, handeln!" Auf Transparenten wurde der Regierung für mangelnde Anstrengungen beim Klimaschutz die "rote Karte" gezeigt.
Noch viele offene Fragen
Der Koalitionsausschuss wollte sich dem Vernehmen nach auf ein 20 bis 30 Seiten langes Eckpunktepapier verständigen. Das Papier enthalte noch viele Platzhalter und eckige Klammern - also Passagen, über deren genauen Inhalt noch gerungen werden muss, hieß es vor Beginn der Verhandlungen.
Beschlossen werden sollen die Maßnahmen dann Freitagvormittag vom sogenannten Klimakabinett der Regierung. Bis zuletzt strittig war etwa die Frage der CO2-Bepreisung durch eine Steuer, wie sie die SPD bevorzugt, oder einen Handel mit Emissionszertifikaten, wie es die CDU/CSU vorzieht. Beide Modelle dürften dazu führen, dass fossile Brennstoffe teurer werden. Im Gegenzug soll es Förderprogramme geben, auch der Strompreis könnte zumindest mittelfristig sinken. Zudem sind zahlreiche Einzelmaßnahmen in den Bereichen Energie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft vorgesehen, um den Klimaschutz voranzubringen.
Als sicher gilt die Mehrwertsteuer-Senkung für Fernbahn-Tickets von 19 Prozent auf sieben. Die Güterbahnen sollen durch eine stärkere Elektrifizierung gestärkt und klimafreundlicher werden. Die Union dringt auch auf Anreize für Unternehmen, um technische Innovationen im Klimabereich voranzutreiben.
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Späte Runde
An den Beratungen unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel nahmen die Partei- und Fraktionschefs von Union und SPD teil. Später sollte auch Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz dazustoßen. CSU-Chef Markus Söder hatte am Morgen kritisiert, dass Scholz nicht von Anfang an dabei sei, sondern andere Termine vorziehe. Er hoffe, "dass wir nicht sechs Stunden beraten und dann nochmal ganz neu anfangen", sagte Söder dem Bayerischen Rundfunk.
Die Details der Klimastrategie dürften noch einige Tage auf sich warten lassen. Und selbst dann ist noch nicht alles in Stein gemeißelt. Denn das meiste braucht als Gesetz oder Verordnung den Segen des Bundestags und des Bundesrats, also der Bundesländer.
lh/uh (dpa, afp, rtr)