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PolitikBelarus

Belarus: Lukaschenko-Gegner Ales Puschkin ist tot

Tatsiana Harhalyk
13. Juli 2023

Der belarussische Regimekritiker Ales Puschkin ist in seiner Heimat unter "ungeklärten Umständen" gestorben. Der Künstler galt als politischer Gefangener des Lukaschenko-Regimes. Ein Nachruf.

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belarussischer Künstler Ales Pushkin gestorben
Der belarussische Künstler und Regimekritiker Ales Puschkin befand sich seit März 2021 in HaftBild: privat

Der Künstler und politische Gefangene aus Belarus verstarb unter "ungeklärten Umständen" auf der Intensivstation, wie seine Frau Janina Dsemuch bekannt gab. Puschkin verbüßte eine fünfjährige Haftstrafe im Gefängnis Nr. 1 der Stadt Grodno.

Unabhängige belarussische Medien berichteten unter Berufung auf informierte Kreise, der Künstler habe ein Geschwür gehabt und keine rechtzeitige medizinische Behandlung erhalten. Ales Puschkin war im März 2021 festgenommen worden. Ein Jahr später wurde er wegen Verunglimpfung staatlicher Symbole und Anstiftung zum Hass zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Polen Warschau | Wandgemälde mit einem Porträt des Künstlers Ales Puschkin
Wandgemälde mit einem Porträt des Künstlers Ales Puschkin in WarschauBild: Paulyuk Bykowski

Anlass für die Strafverfolgung war ein Porträt des Anführers des belarussischen antisowjetischen Untergrunds nach dem Zweiten Weltkrieg, Jewgenij Schichar. Puschkin hatte das Bild auf einer Ausstellung in Grodno gezeigt. Dies werteten die belarussischen Ermittler als "Rehabilitierung von Nationalsozialismus", obwohl das Bild bereits im Jahr 2014 gemalt und zuvor in Belarus und Russland ausgestellt worden war.

Verschärfte Haftbedingungen

Im November 2022 wurden Puschkins Haftbedingungen verschärft. Er wurde bald darauf vom Gefängnis Nr. 22 in Iwazewitschi im Gebiet Brest nach Grodno verlegt. Puschkin habe es von Anfang an schwer gehabt, sagt der Journalist und ehemalige politische Gefangene Alexander Iwulin, der mit Puschkin im selben Gefängnis einsaß. Er sei "zu freundlich" gewesen, sogar zu den Gefängniswärtern, die ihm seine Notizen und Zeichnungen ohne Angabe von Gründen weggenommen hätten.

Zeichnung von Ales Puschkin aus dem Gefängnis
Zeichnung von Ales Puschkin aus dem GefängnisBild: Privat

Puschkins Briefwechsel mit der belarussischen Künstlerin Lera Lasuk endete mit seiner Verlegung in jenes Gefängnis, aus dem er, wie die DW erfuhr, nur noch an seine Familie schreiben durfte. Von dort schickte Puschkin Zeichnungen, erzählte von seinem Alltag und seinen Zellengenossen.

Er fertigte Skizzen für große Werke an, die er nach seiner Entlassung schaffen wollte. "Wir hatten einige Meinungsverschiedenheiten, aber uns verband die Liebe zur Kunst und die Liebe zu Belarus. Ich schätze ihn für seine leuchtenden, ikonischen Werke, für seinen Mut und sein Festhalten an Prinzipien", betont Lasuk.

Ein Haufen Mist für Lukaschenko

Ales Puschkin war ein belarussischer nonkonformistischer Maler, Theaterkünstler, Performer und Kunstkurator. Eine seiner ersten Aktionen fand bereits am 25. März 1989 noch unter sowjetischer Herrschaft statt. An diesem historischen Datum wurde der 71. Jahrestag der Belarussischen Volksrepublik gefeiert, denn am 25. März 1918 war unter deutschem Protektorat die Weißrussische Volksrepublik ausgerufen worden.

Puschkin begann den Jahrestag mit einem Marsch durch die Unabhängigkeitsstraße in Minsk. Ihm folgten etwa hundert Anhänger, die einen Storch aus Papier sowie 71 weiße Luftballons trugen. Puschkin und 35 weitere Personen wurden festgenommen. Der Künstler erhielt zwei Jahre Haft auf Bewährung.

Alexander Lukaschenko in Minsk
Alexander Lukaschenko ist seit 1994 in Belarus an der MachtBild: ALEXANDER NEMENOV/AFP/Getty Images

Puschkins berühmteste Performance war "Mist für den Präsidenten" im Juli 1999. An dem damaligen fünften Jahrestag der Herrschaft Alexander Lukaschenkos brachte der Künstler einen Haufen Mist zur Präsidialverwaltung in Minsk, warf völlig wertlose Rubelscheine darüber und legte noch die Verfassung des Landes und ein Porträt des Machthabers oben drauf. Dann durchstach er alles mit einer Heugabel.

Für diese Aktion wurde der Künstler ebenfalls zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Die Performance stellte Puschkin am 25. März 2021 in Kiew bei einer Ausstellung nach. Dies nahmen offenbar die belarussischen Behörden zum Anlass, den Künstler wegen "Entweihung staatlicher Symbole" anzuklagen.

Der Patriarch und die Sünder

Ales Puschkin beschäftigte sich zudem mit der Restaurierung historischer Gebäude und mit Fresken in Kirchengebäuden. Das nach seinen eigenen Angaben wichtigste Werk ist die Ausgestaltung der neuen Kirche seines Heimatdorfes Bobr in der Region Minsk.

Auf einer der Fresken hatte Puschkin Machthaber Lukaschenko und den damaligen Metropoliten Filaret von Minsk inmitten von Sündern dargestellt, umgeben von Kräften der Spezialeinheit OMON. Später wurde das Bild übermalt.

Belarussische Menschenrechtsorganisationen wie "Wjasna", "Helsinki-Komitee" und die "Rechtsinitiative von Belarus" betrachteten Puschkin als politischen Gefangenen. Die Anführerin der belarussischen demokratischen Kräfte, Swetlana Tichanowskaja, die in Litauen im Exil lebt, macht das Regime von Alexander Lukaschenko für den Tod des Künstlers verantwortlich.

Swetlana Tichanowskaja bei einer Rede vor dem Europäischen Parlament im November 2021
Swetlana Tichanowskaja bei einer Rede vor dem Europäischen Parlament im November 2021Bild: Julien Warnand/REUTERS

Auf Twitter erklärte sie: "Ales Puschkin verkörperte den unbezwingbaren Geist des belarussischen Volkes. Er starb als politischer Gefangener des Regimes. Die Verantwortung liegt bei seinem Gefängniswärter Lukaschenko und seinen Kumpanen. Ales nutzte seine Kunst, um für Freiheit zu kämpfen und ein neues Belarus ohne Tyrannei aufzubauen. Er träumte von einem freien und demokratischen Belarus. Jetzt müssen wir seine Arbeit fortsetzen und seinen Traum wahr werden lassen."

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk