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Der einfache Weg in die EU

Emir Numanovic4. November 2013

Die Gesetze einiger neuer EU-Mitgliedsstaaten wie Kroatien, Bulgarien und Rumänien erleichtern die Einbürgerung für bestimmte Personengruppen. Dadurch könnte die Zahl der EU-Bürger um einige Millionen wachsen.

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Grenzübergang zwischen Kroatien und Bosnien (Foto: Emir Musli)
Bild: Emir Musli

"Als Kroatin habe ich mich nie wirklich gefühlt, eigentlich bin ich durch und durch Bosnierin. Dass ich die kroatische Staatsbürgerschaft beantragt habe, war eine rationale und keine emotionale Entscheidung. Insofern kann ich gut damit leben", erzählt Ema Pecenkovic aus dem bosnischen Bihać, dicht an der bosnisch-kroatischen Grenze.

Ema ist die Tochter einer bosnischen Kroatin und wird deshalb die kroatische Staatsbürgerschaft wohl auch bekommen. Dann kann sie von einer besseren Zukunft träumen, da die Chancen, eine Arbeit in Bosnien zu finden, gering sind. Seit über drei Jahren sucht die Diplom-Volkswirtin eine Stelle - ohne Erfolg. "Ob ich mich dann in Kroatien umsehe oder irgendwo anders, in Österreich oder Deutschland sogar, das weiß ich noch nicht. Wichtig ist, dass ich erst einmal abgesichert bin", so Ema.

Einfache Voraussetzungen für Einbürgerung

Durch Anträge wie den von Ema könnte die Bevölkerung der Europäischen Union in absehbarer Zeit um einige Millionen Menschen wachsen. Denn einige der neuen EU-Mitgliedsländer wie Kroatien, Bulgarien oder Rumänien verfügen über erleichterte Einbürgerungsverfahren für bestimmte Gruppen von Bürgern aus Drittstaaten. Und zwar für die, die außerhalb dieser Länder leben, mit ihnen jedoch kulturelle, sprachliche oder historische Gemeinsamkeiten haben.

"Für solche Menschen wird in diesen Ländern auf bestimmte Einbürgerungsvoraussetzungen verzichtet", erklärt Karin Traunmüller von der Abteilung für Völkerrecht und Internationale Beziehungen am Institut für Europa- und Internationales Recht der Uni Wien. "So wird auf einen Wohnsitz im Einbürgerungsland verzichtet. Antragsteller können beispielsweise die rumänische Staatsbürgerschaft erhalten, ohne einen Wohnsitz in Rumänien nachzuweisen. Auch müssen sie nicht auf ihre bisherige Staatsbürgerschaft verzichten, wenn sie sich einbürgern lassen. Doppelstaatsbürgerschaften sind legitim", so Traunmüller.

Rumänien und Bulgarien

Es gibt Schätzungen, nach denen sich etwa 1,5 Millionen Bürger der Republik Moldau von Rumänien einbürgern lassen könnten. Auch einige hunderttausend Ukrainer aus den Gebieten Bukowina und Südbessarabien interessieren sich demnach für die rumänische Staatsbürgerschaft.

Und sie könnten Erfolg haben, glaubt Karin Traunmüller. Denn viele Formulierungen in der Einbürgerungsgesetzen seien sehr schwammig und würden den Behörden bei den Entscheidungen große Spielräume lassen. "Ungarn, die im Ausland leben, können die Staatsbürgerschaft erwerben, wenn ihre Vorfahren ungarische Staatsbürger waren oder ihre Herkunft aus Ungarn wahrscheinlich ist und sie die ungarische Sprache können. Die Formulierung 'Herkunft aus Ungarn wahrscheinlich' ist allerdings sehr vage", so Traunmüller. "Oder nehmen wir Bulgarien. Jede Person 'bulgarischer Herkunft' kann die bulgarische Staatsbürgerschaft erhalten."

Porträt von Karin Traunmüller von der Uni Wien (Foto: DW/E. Numanovic)
Karin Traunmüller von der Uni Wien sieht die Einbürgerungsgesetze einiger EU-Länder kritischBild: DW/E. Numanovic

So wie Rumänien ist auch Bulgarien seit dem 1. Januar 2007 EU-Mitglied und seitdem auch für etwa zwei Millionen Mazedonier interessant - als eine Art Zwischenstation auf dem Weg in die EU. Allerdings können Mazedonier einen Antrag auf Staatsbürgerschaft auch in Griechenland stellen. Denn auch Griechenland hat für Bürger Mazedoniens gelockerte Bestimmungen für die Erlangung der Staatsbürgerschaft. Dies liegt in den zahlreichen Grenzverschiebungen der Vergangenheit begründet.

Kroatien

Geringer wird die Zahl der bosnischen Kroaten geschätzt, die sich nach dem Beitritt Kroatiens zur EU am 1. Juli 2013 für die kroatische Staatsbürgerschaft interessieren könnten. Hier gehen unbestätigte Schätzungen von etwa 600.000 aus. In der kroatischen Gesetzgebung ist für die Einbürgerung die "kroatische Nationszugehörigkeit" entscheidend: Wer kroatischer Staatsbürger werden will, müsse die Rechtsordnung und die Bräuche des Landes respektieren, erklärt Traunmüller.

Die bosnische Kroatin Ema muss darüber schmunzeln. "Na ja, wenn das heißt, dass ich Weihnachten gefeiert habe, dann trifft das auf mich zu. Allerdings habe ich auch muslimische Feiertage gefeiert, weil ich grundsätzlich gern auf Feiern gehe." Etwas schwerer würde es ihr hingegen fallen, schriftlich zu begründen, warum sie sich als Kroatin betrachtet.

Niedrige Einbürgerungshürden auch in Westeuropa

Die erleichterten Einbürgerungsbestimmungen sind nicht spezifisch für mittel- und osteuropäische Länder, wie Europarechtsexpertin Traunmüller erklärt. Ähnlich sehe es auch in Griechenland und Italien aus. Auch in Spanien gebe es für Antragsteller aus Lateinamerika nur geringere Hürden. Wie viele Menschen sich in Zukunft um eine EU-Staatsbürgerschaft bemühen werden, sei schwer einzuschätzen, weil die Beweggründe meist wirtschaftlicher Natur seien, so Traunmüller.

Eine Einigung auf europäischer Ebene bezüglich dieser Problematik werde nicht einfach werden. Karin Traunmüller: "Die Staatsbürgerschaftsregelung ist Angelegenheit jedes einzelnen Staates. Selbst im Völkerrecht ist die Regelung der Staatsbürgerschaft die letzte Bastion der Souveränität. Es gibt keine Vorgaben für die einzelnen Staaten, welche Voraussetzungen bei der Vergabe der Staatsbürgerschaft erfüllt werden müssen."

Wie wird die Europäische Union auf den zu erwartenden Anstieg von neuen EU-Bürgern reagieren? Die italienische Regierung protestierte bereits gegen die laxen Gesetze anderer Staaten. Denn Italien ist das primäre Ziel moldawischer Staatsbürger, die die rumänische Staatsbürgerschaft erworben haben.