Einstieg bei Opel: Magna hat die besten Karten
22. Mai 2009Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sagte nach Beratungen mehrerer Minister und der Länder-Regierungschefs mit Opel-Standorten am Freitag (22.05.2009) bei Bundeskanzlerin Angela Merkel, bis Ende nächster Woche solle eine Grundsatzentscheidung über die Zukunft von Opel fallen. Guttenberg bezeichnete das Angebot des kanadisch-österreichischen Autozulieferers Magna als "interessantes Konzept". Es werfe aber auch Fragen auf.
Es müsse vor allem bewertet werden, wie groß die Risiken für den Steuerzahler seien, wenn der Staat Bürgschaften für eventuelle Kredite zur Finanzierung der Investitionen gebe. Es gelte auch, so Guttenberg weiter, alle drei Opel-Interessenten "im Spiel zu halten". Es sei "verwegen", jemanden abzuschreiben.
Viele Arbeitsplätze gefährdet
Der CSU-Politiker wies zugleich darauf hin, dass unabhängig davon welches Übernahme-Konzept am Ende zum Tragen komme, europaweit Arbeitsplätze in nicht unerheblicher Größe gefährdet seien. Neben Magna haben der italienische Autobauer Fiat und der US-Finanzinvestor Ripplewood Übernahmeangebote vorgelegt.
Auch Außenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sowie die Ministerpräsidenten von Hessen und Rheinland-Pfalz favorisieren das Magna-Konzept. Thüringens Regierungschef Dieter Althaus sprach sich ebenfalls dafür aus, die Verhandlungen mit Magna zügig weiterzuführen.
Rüttgers fordert Nachbesserungen
Unzufrieden mit den Plänen des Autozulieferers äußerte sich jedoch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Zwar handele es sich im Grunde um ein gutes Angebot, der geplante Arbeitsplatzabbau im Werk Bochum gehe ihm aber zu weit, sagte der CDU-Politiker. Deswegen könne Nordrhein-Westfalen nicht zustimmen. "Das ist auch abgestimmt so mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften." Weiter sagte Rüttgers: "Ich hoffe, dass es gelingt, noch bis zur nächsten Woche zu Nachbesserungen zu kommen." Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen nach den Magna-Plänen 2600 Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden - davon allein 2200 in Bochum. Insgesamt hat Opel in Deutschland rund 25.000 Mitarbeiter.
Der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel sagte, bei Umsetzung der Magna-Pläne könne in dem Werk nur noch eine Modellreihe vom Band laufen. "Ich würde das als Sterben auf Raten bezeichnen." Einenkel kündigte Protestmaßnahmen an, sollte Magna den Zuschlag für Opel bekommen und es bei den Plänen bleiben. "Dann werden wir uns in geeigneter kreativer Form zu Wort melden."
Magna spricht von Zukunftsbündnis
Magna-Geschäftsführer Siegfried Wolf erklärte bei der Vorstellung des Konzepts des Zulieferers in Berlin: "Das ist ein Zukunftsbündnis, kein Notbündnis. Wir werden alle Chancen haben." Bei einem Zuschlag solle Deutschland Hauptsitz von Opel bleiben. "In den deutschen Opel-Werken steckt viel Gehirnschmalz." Weiter sagte Wolf, seiner Einschätzung nach stoße das Magna-Konzept auch bei General Motors, dem US-Mutterkonzern, auf Wohlwollen.
Wolf deutete an, dass die meisten Arbeitsplätze im belgischen Antwerpen und im englischen Luton wegfallen könnten. Nach Medienberichten will Magna rund 10.000 der 55.000 Arbeitsplätze bei General Motors Europe streichen. Zu dem Geschäftsbereich gehören im wesentlichen Opel und die britische Marke Vauxhall.
Forderung nach Staatshilfen
Magna-Geschäftsführer Wolf erläuterte weiter, dass sein Unternehmen zur Umsetzung seines Konzepts staatlich verbürgte Bankkredite in Höhe von vier bis fünf Milliarden Euro benötige. Hinzu kämen eigene Gelder in Höhe von 500 bis 700 Millionen Euro. Magna hat sein Konzept zusammen mit zwei russischen Partnern erarbeitet, der Sberbank und dem Autohersteller Gaz. Nach Wolfs Worten soll die Sberbank nach einer Übernahme 35 Prozent der Anteile übernehmen. Magna selbst soll danach 20 Prozent des neuen Unternehmens halten, 35 Prozent bleiben bei GM und zehn Prozent bei den Mitarbeiten. Gaz soll keine Anteile übernehmen, sondern als industrieller Partner fungieren, damit Opel seinen Marktanteil in Russland ausbauen kann.
Entscheidung fällt in den USA
Bei der Entscheidung über die Zukunft von Opel sind jetzt aber vor allem die US-Regierung und der selbst schwer angeschlagene GM-Konzern am Zug. In Berlin betonte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg, die entscheidende Frage über den Verkauf von GM-Europe und Opel sowie über ein Modell zur Eigenständigkeit müsse in den USA beantwortet werden. Dort drängt aber die Zeit. GM könnte nämlich schon kommende Woche in die Insolvenz gehen.
General Motors muss der US-Regierung in der kommenden Woche einen Plan für ein zukunftsfähiges Sanierungskonzept vorlegen. Inzwischen spricht aber auch die GM-Spitze selbst davon, dass eine Insolvenz wahrscheinlich ist.
Offenbar schon Pläne für Insolvenz
Nach Informationen der "Washington Post" hat die US-Regierung schon konkrete Pläne für den Fall einer Insolvenz von GM. Dann solle der Autobauer nochmals Staatshilfen in Höhe von rund 30 Milliarden Dollar erhalten, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Industriekreise. Damit würden die Schulden von General Motors beim Staat auf 45 Milliarden Dollar steigen.
Unbezahlte Arbeit bei Opel
Angesichts der drohenden Insolvenz von GM wollen Opel-Mitarbeiter die Liquidität des Unternehmens hierzulande durch Lohnverzicht sichern. Die Belegschaft im Stammwerk Rüsselsheim und im Testzentrum im hessischen Rodgau werde im Mai und Juni jeweils 1,5 Tage arbeiten, ohne dafür Geld zu erhalten, teilte Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz mit: "Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass GM kommende Woche in die Insolvenz geht und dass das enorme Auswirkungen auf Zulieferer haben kann, die auf Vorkasse bestehen." (wl/HF/kle/fw/dpa/rtr/ap/afp)