Entscheidung im Machtkampf in Rom
13. Februar 2014Italiens Regierung findet einmal mehr ein schnelles Ende: Nach nur zehn Monaten im Amt gibt Enrico Letta nach massivem Druck seines parteiinternen Rivalen Matteo Renzi auf. Er werde sein Rücktrittsgesuch an diesem Freitag im Quirinalspalast Präsident Giorgio Napolitano übergeben, sagte Letta nach dem klaren Votum des Führungsausschusses der Partito Democratico -PD- gegen seine Person. Das höchste Parteigremium der PD hatte sich in Rom in einer Abstimmung mit 136 zu 16 Stimmen hinter Renzi gestellt, der Letta als Regierungschef beerben möchte.
Kein "Bruderkampf"
Der erst 39-jährige Chef der sozialdemokratischen Partei und Bürgermeister von Florenz hatte den acht Jahre älteren Letta zuvor erneut unter Druck gesetzt und seinen Anspruch auf das Amt des Regierungschefs massiv untermauert: Die Regierung von Letta habe an Schwung verloren und habe keine der dringend notwendigen Reformen durchgesetzt. Die einzige Alternative zu Neuwahlen sei ein neues Mitte-Links-Kabinett.
Renzi dankte Letta für die geleistete Arbeit. "Wir wollen keinen Prozess gegen die Regierung Letta führen, sondern feststellen, ob wir in der Lage sind, eine neue Seite aufzuschlagen", erklärte Renzi. Das sei kein "Bruderkampf", Italien könne nicht weiter in Unsicherheit und Instabilität leben.
Italien stehe am "Scheideweg", sagte Renzi weiter. Entweder es komme zu Neuwahlen oder zu einer neuen Phase tiefgreifender Reformen, die bis Ende der Legislaturperiode 2018 dauern sollte. Der Weg von Neuwahlen sei aber nicht beschreitbar, da das Parlament immer noch kein neues Wahlrecht verabschiedet habe. Außerdem: "Neuwahlen würden nicht die Probleme des Landes lösen". Renzi wirft Letta seit Wochen ein zu geringes Tempo bei der Umsetzung dringend benötigter Wirtschaftsreformen vor.
Staffelübergabe ohne Neuwahlen möglich
Damit Renzi die Regierung übernehmen kann, müsste nach Lettas Rücktritt Staatspräsident Napolitano dem Parteichef auch den Auftrag für die Bildung einer neuen Koalition erteilen. Wie Renzi ist auch Napolitano gegen Neuwahlen. Neuwahlen seien "Quatsch", verlautete aus dem Quirinalspalast. Napolitano verlangt erst eine Wahlrechtsreform, da ist er sich mit Renzi einig. Ohne sie könnte die Wahl zu einem Patt im Parlament führen.
Renzi braucht aber einen Koalitions-Partner für eine Mehrheit im Parlament. Da die bislang mitregierende Mitte-Rechts-Partei von Silvio Berlusconis langjährigem Weggefährten Angelino Alfano offengelassen hatte, ob sie weiterhin zur Koalition stehen wird, ist das fraglich.
Laut Umfragen ist eine Mehrheit der Italiener gegen eine einfache Übertragung der Macht von Letta auf Renzi ohne vorherige Neuwahlen.
qu/uh (dpa, rtr, afp)