EZB beendet Sonderregelung für Griechen
5. Februar 2015
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat überraschend den Zugang der griechischen
Banken zu frischem Zentralbankgeld erschwert und damit die neue Regierung in Athen massiv unter Druck gesetzt. Die EZB teilte mit, sie werde künftig keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheiten für Kredite an die Banken zu akzeptieren. Die Regel gelte vom 11. Februar an.
Wegen seiner schwierigen wirtschaftlichen Lage profitierte Griechenland seit einigen Jahren von einer Ausnahmeregelung. Obwohl die Staatsanleihen wegen der Rating-Einstufungen auf Ramschniveau nicht den Kriterien der EZB entsprachen, akzeptierte diese sie als Sicherheiten. Die EZB begründete ihre Kehrtwende damit, dass derzeit nicht mehr mit einem erfolgreichen Abschluss der Überprüfung des laufenden Reformprogramms gerechnet werden könne.
Rettungsanker Notkredite
An den Finanzmärkten sorgte der EZB-Beschluss für große Verunsicherung. Es ist ein schwerer Schlag für die griechischen Banken, die am Geldtropf der EZB hängen. Sie können zwar weiter auf Notkredite der griechischen Zentralbank zurückgreifen. Diese sogenannten ELA-Gelder sind aber höher verzinst als Geld von der EZB und damit teurer. Nach Agenturberichren genehmigte die EZB bereits eine Aufstlockung des ELA-Kontingents.
Nach der Mitteilung der europäischen Geldwächter gaben der Euro und die Aktienmärkte nach. Die Börse in Athen brach um fast zehn Prozent ein. - US-Staatsanleihen waren dagegen verstärkt gefragt. Die verschärften Finanzierungsbedingungen für griechische Banken drückten auch den Dax ins Minus. Der deutsche Leitindex gab zu Handelsbeginn um 0,8 Prozent auf 10.825 Zähler nach.
Griechische Regierung: "Wir lassen uns nicht erpressen"
Die griechische Regierung reagierte empört, weil sie Panik-Reaktionen befürchtet. Ein Regierungssprecher sagte im Fernsehen: "Wir lassen uns nicht erpressen." Das Finanzministerium erklärte, Athen werde seine Politik fortsetzen, das harte Sparprogramm zu beenden.
Die neue griechische Links-Rechts-Regierung lehnt die Sparauflagen der internationalen Geldgeber und die Kontrolle durch die sogenannte Troika ab. Das Land ist aber weiter vom Staatsbankrott bedroht und auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Derzeit werben der neue Regierungschef Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis in Europa für eine Erleichterung der Schuldenlast für Griechenland.
Treffen von Varoufakis und Schäuble
Berlin wird Varoufakis an diesem Donnerstag erstmals von seinem Kollegen Wolfgang Schäuble (CDU) empfangen. Er ist das erste Mitglied der neuen griechischen Regierung, das nach Berlin kommt. Anschließend wollen sich beide Minister gemeinsam vor der Presse äußern.
In einem ARD-Interview sagte Varoufakis am Mittwoch, von allen Ländern in Europa verstünden die Deutschen wohl am besten, dass es irgendwann beginne zu gären, "wenn man eine stolze Nation zu lang demütigt und sie Verhandlungen und Kummer einer Schuldendeflationskrise aussetzt". Varoufakis betonte, es gehe darum, "als Europäer" zu denken, man müsse "sich zusammensetzen und die politischen Instrumente neu starten". Europa solle künftig "am gleichen Strang ziehen und es als eine Systemkrise betrachten, die systematisch behandelt werden muss, anstatt gegenseitig mit dem Finger auf den anderen zu zeigen".
EU-Parlamentspräsident: Tsipras hat "keine Wahl"
Athen macht vor allem Deutschland für die harten Sparauflagen verantwortlich, die Griechenland wegen der Euro-Krise erfüllen soll. Varoufakis hatte am Mittwoch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Art Wiederaufbauplan gefordert, wie ihn die USA nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Marshallplan aufgelegt hatten. Zugleich versicherte er mehrfach, dass sein Land nicht zur Schuldenpolitik früherer Jahre zurückkehren wolle.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte dem "Handelsblatt", wenn Griechenland einseitig die Verträge aufkündige, sei auch die andere Seite nicht mehr verpflichtet, sie einzuhalten. Dann fließe auch kein Geld mehr nach Athen und der Staat könne sich nicht finanzieren. Tsipras habe "keine Wahl". Er müsse die gegenüber den europäischen Partnern eingegangenen Verpflichtungen erfüllen. Nur so seien auch Zugeständnisse an Athen möglich.
gri/wl (afp, dpa, rtr)