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Politik

Deutschland will Frieden stiften in Libyen

Rainer Hermann
15. September 2019

Von Frieden in Libyen würde nicht nur das Land selbst, sondern auch Europa profitieren. Aber die EU-Mitglieder verfolgen bisher unterschiedliche Interessen, meint Rainer Hermann von der FAZ.

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Libyen Auffanglager für Flüchtlinge in Zawiya bei Tripolis
Ein Auffanglager für Migranten, die durch die Sahara gekommen sind, in der Nähe der libyschen Hauptstadt TripolisBild: Getty Images/AFP/M. Turkia

Die Bundesregierung will Bewegung in die verfahrene Lage in Libyen bringen und im Herbst eine internationale Libyen-Konferenz ausrichten. Das Ziel ist dabei, dass diese Konferenz einen internationalen Rahmen für einen innerlibyschen Prozess schafft. Ein solcher Prozess muss in Gang gesetzt werden, soll das Patt zwischen den beiden großen Parteien in dem Bürgerkriegsland überwunden und soll ein Weg für eine stabile Zentralregierung geebnet werden.

Solange sich die großen Milizen bekämpfen, können Schlepperbanden und Menschenhandel gedeihen. Erst wenn sie sich nicht mehr bekriegen, ist es möglich, den Schleppern das Handwerk zu legen und die Migrationsroute, die von südlich der Sahara ans Mittelmeer führt, zu schließen. In Libyen harren derzeit, meist unter menschenunwürdigen Bedingungen, 800.000 Menschen aus, die nach einem Fluchtweg über das Mittelmeer nach Europa suchen.

Festgefahrener Machtkampf

Im Kampf um die Macht in Libyen kann sich keiner der beiden Hauptprotagonisten durchsetzen. General Chalifa Haftar, der General der Armee des Parlaments im ostlibyschen Tobruk, hat nicht genügend Rückhalt, um sich im ganzen Land durchzusetzen. Auch die Macht des in der Hauptstadt Tripolis residierenden Fajis al-Sarradsch, den die Vereinten Nationen als legitimen Präsidenten anerkennen, reicht nicht über den Westen des Landes hinaus.

Kommentarbild PROVISORISCH | Rainer Hermann, FAZ & Klett-Cotta
Rainer Hermann ist Redakteur der Frankfurter Allgemeinen ZeitungBild: Helmut Fricke

Solange das so ist, zerfleischen sich die vielen kleinen und großen Milizen des Landes. Beide großen Blöcke scheinen aber Gefallen an dem Zustand gefunden zu haben, zumindest solange die beiden größten Institutionen des Landes als einzige funktionieren: Die nationale Ölgesellschaft fördert weiter Erdöl, und die Zentralbank zahlt die Gelder aus den Ölverkäufen an alle Akteure aus. Damit wird der Bürgerkrieg aus innerlibyschen Mitteln finanziert und nicht von außen.

Um dieses Patt zu überwinden, ist Druck von außen erforderlich. Den Anstoß dazu hat der UN-Beauftragte für Libyen, Ghassan Salamé, gegeben. Er hatte eine Strategie vorgeschlagen, die aus drei Punkten besteht: einer Waffenruhe, einer internationalen Konferenz der externen Akteure in Libyen und der Einbeziehung der libyschen Akteure. Ende August griff der G7-Gipfel in Biarritz diesen Plan auf und forderte eine internationale Konferenz zur Befriedung Libyens.

Deutschland und Frankreich nicht an einem Strang

Auf der sollen sich zunächst die externen Akteure näherkommen. So unterstützt Deutschland die Regierung Sarradsch, Frankreich steht aber Haftar nahe. Die Türkei hat Sarradsch mit Waffen beliefert, mit denen dessen Milizen Haftar zurückschlagen konnten, Ägypten aber sieht Haftar als wichtiges Bollwerk gegen Islamisten, die es in Tripolis vermutet. In anderen Ländern, etwa den Vereinigten Arabischen Emiraten, erlischt jedoch allmählich die Begeisterung für Haftar.

Nun will Berlin aus dieser verfahrenen Lage einen Ausweg finden. Der Versuch lohnt sich, und die Bundesregierung kann damit unterstreichen, dass sie international Verantwortung übernimmt.