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Gopal: "Chancen für Friedensgespräche mit Taliban gestiegen"

Gero Schließ2. Juni 2014

Die Freilassung von fünf Taliban im Tausch für einen US-Soldaten stößt in Washington auf heftige Kritik. Das Tauschgeschäft könnte aber die Aussichten auf Frieden verbessern, meint Afghanistan-Experte Anand Gopal.

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Journalist Anand Gopal (Foto: privat)
Bild: 2012 Victor J. Blue

DW: US-Verteidigungsminister Chuck Hagel sagte auf seiner Afghanistan-Reise am Sonntag, dass die Befreiung des US-Soldaten Bowe Bergdahl der Höhepunkt seiner Amtszeit sei. Warum ist dieser Gefangenenaustausch so wichtig für Hagel und Präsident Obama?

Anand Gopal: Bergdahl ist der einzige Kriegsgefangene in dem 13-jährigen Konflikt in Afghanistan. Es war eines der letzten verbleibenden Probleme im Bereich des Militärischen, das gelöst werden musste. Sie wissen, dass die USA den Grundsatz haben, keinen Soldaten zurückzulassen.

Ganz allgemein kann man das auch als eine vertrauensbildende Maßnahme sehen für mögliche Friedensgespräche mit den Taliban. Diese haben schon seit einigen Jahren einen Gefangenenaustausch gefordert: die fünf Guantanamo-Gefangenen für Bergdahl. Man kann das jetzt als einen Durchbruch sehen. Es verbessert die Chancen für Friedensgespräche.

Die Entscheidung, die fünf hochrangigen Taliban-Mitglieder freizulassen, hat auf Seiten der Republikaner harte Kritik ausgelöst. Senator McCain bezeichnete sie als hartgesottene Terroristen. Meinen Sie, dass diese Entscheidung die nationale Sicherheit der USA tangiert?

Nein, das glaube ich nicht. Diese fünf Taliban gehen ja nach Katar. Die Geschichte der Fünf ist interessant. Alle haben sie versucht, zu kapitulieren und die Seiten zu wechseln - wenn sie nicht gefangen genommen wären. Einer der Guantanamo-Häftlinge gehört zum Beispiel demselben Stamm an wie der afghanische Präsident Hamid Karzai. Er wollte sich der afghanischen Regierung anschließen, aber Pakistan verhaftete ihn, überstellte ihn an die USA und die schickten ihn nach Guantanamo. Ein anderer war Mitglied der afghanischen Regierung. Er war ein früherer Funktionär der Taliban und trat der Regierung Hamid Karzais bei. Aber aufgrund falscher Informationen der Warlords wurde er verhaftet und nach Guantanamo gebracht. Diese Leute sind nicht gefährlich. Aber was sie wirklich machen können, das ist, die Chancen für ein schlussendlich ausgehandeltes Abkommen zu erhöhen.

Die Regierung von Katar hat als Vermittler zwischen den USA und den Taliban gedient. Können die USA nach diesen Verhandlungen immer noch behaupten, sie würden nicht mit Terroristen verhandeln?

Nun, die Taliban werden nicht als eine Terrororganisation eingestuft. Sie wurden von den USA als Terrororganisation bezeichnet. Einige individuelle Mitglieder der Taliban sind auf der Blacklist der Vereinten Nationen. Aber als Gruppe sind die Taliban keine Terrororganisation.

Die Republikaner haben Präsident Obama beschuldigt, er habe gegen das Gesetz verstoßen, weil er gegenüber dem Kongress vor Überstellung der Guantanmo-Häftlinge nach Katar nicht die geforderte 30-Tage-Frist eingehalten habe. Wie sehen Sie das?

Sie mögen tatsächlich richtig liegen. Möglicherweise wird sich das in Washington zu einem politischen Skandal entwickeln, nicht in dem Ausmaß wie Benghazi, aber in einer geringeren Größenordnung.

Sie haben es schon angesprochen: Wird der Deal mit den Taliban die Tür für weitere Verhandlungen öffnen?

Das wird er tun. Man kann das als Maßnahme zur Vertrauensbildung ansehen. Beide geben der jeweils anderen Seite etwas, das vergleichsweise einfach zu geben ist. Damit kann Vertrauen geschaffen werden, um endlich die Verhandlungen fortzusetzen, die seit zwei Jahren festgefahren sind.

Sollten die USA an dem Prozess zur Aussöhnung der Afghanen teilnehmen oder sollten sie sich besser raushalten?

Die Taliban haben gesagt, dass sie nicht an Verhandlungen ausschließlich mit der afghanischen Regierung interessiert sind. Sie haben erkannt, dass die Vereinigten Staaten die eigentliche Partei in diesem Konflikt sind und Gespräche nur mit der Regierung in Kabul nicht effizient sind. Aber Pakistan muss auch beteiligt werden. So wie die Regierung in Kabul enge Beziehungen zur USA pflegt, so gibt es auch Verbindungen zwischen den Taliban und Pakistan.

Der Afghanistan-Experte Anand Gopal arbeitet als Fellow an der New America Foundation in Washington. Zuvor war er Korrespondent des Wall Street Journal in Kabul.